Oktober 2021

  • Am 30.10.2021 haben wir ein dunkles Bockbier und ein Rauchbier gebraut. Für das Bockbier wurden Münchner Malz, Melanoidinmalz, Carahell und Caramünch verwendet, zur Farbvertiefung ergänzt durch eine kleine Menge Carafa Farbmalz. Isotherm gemaischt bei 72 °C erhielten wir nach dem Kochen mit Enigma Bitterhopfen und Rottenburger Aromahopfen eine Stammwürze von knapp über 16 °P. Bockbiere haben Stammwürzen zwischen 16,0 und 17,9 °P, ab 18,0 °P spricht man von einem Doppelbock. Die Alkoholgehalte von dunklen Bockbieren liegen üblicherweise zwischen 6 und ca. 7,5 Vol-%, Doppelbocke auch schon mal bei bis zu 10 Vol-%. Da wir isotherm bei 72 °C gemaischt haben, rechnen wir basierend auf früher auf die gleiche Art gebrauten dunklen Bockbieren mit einem Alkoholgehalt von moderaten ca. 4 Vol-%. Vergoren wird der Sud mit der untergärigen TUM W 34/70, die die Malzaromen harmonisch abrunden sollte. Ab Mitte Dezember sollte der dunkle Bock, von dem wir rund 50 L hergestellt haben, gut trinkbar sein - spät, aber immerhin.

    Als zweites Bier haben wir ein Rauchbier angesetzt. Rauchbiere sind insbesondere in Bamberg sehr populär und werden dort auch schon einmal mit 100 % Gerstenrauchmalz hergestellt. Ein befreundeter Brauer vergleicht solche Rauchbiere gerne schon einmal mit einem "Schwarzwälder Schinken". Die einen lieben solches Rauchbier, die anderen eher weniger, und manche sagen: "Ab dem 4. Bier schmeckt es!". Nun gut, die Geschmäcker sind verschieden, und das ist wohl auch gut so. Wir brauen unser Rauchbier mit nur rund 35 % Buchenrauchmalz, Münchner Malz kommt zu 65 % in die Schüttung, ergänzt, zur Farbvertiefung, durch ein wenig Farbmalz. Gemaischt wurde, wie fast immer bei uns, isotherm bei 72 °C, und wir erreichten nach dem Hopfenkochen mit Enigma und Rottenburger Aromahopfen im Whirlpool eine Stammwürze von fast 13 °P. Vergoren wurde der Sud mit der Lutra Kveik, die sehr schnell vergärt und auch sehr gut sedimentiert. Die Lutra Kveik vergärt bei 20 °C fast neutral mit einer sog. "Lager-Charakteristik" (ähnlich wie untergärige Hefen) und erschien uns wegen der Verspätung als gute Alternative zu einer untergärigen Rauchbierhefe. Wenn nichts Unerwartetes geschieht, ist das milde Rauchbier Ende November fertig, dem vorweihnachtlichen Käse-Fondue stünde also nichts mehr im Wege. Insgesamt haben wir rund 50 L hergestellt, beim Alkohol erwarten wir moderate 3 - 3,5 Vol-% Alkohol.

  • "Und ehe man sich versieht, ist wieder Weihnachten" lautet bei uns ein geflügeltes Wort alljährlich nach der Weihnachtspause. Und so kam es auch dieses Jahr wieder einmal, und wir hätten am 23.10.2021 die Weihnachtsbiere wie unseren dunklen Bock und unser mildes Rauchbier (passt perfekt zu einem weihnachtlichen Käse-Fondue) schon längst in den Tanks haben müssen. Allerdings mussten wir diese wegen der Wissenschaft zurückstellen und werden das Bockbier und das Rauchbier daher erst am 30.10.2021 brauen können. Trotzdem muss niemand auf Bockbier verzichten. Braumeister Siegfried Oppermann hat in der Brauakademie ein dunkles "Winterbier" gebraut, das ca. ab November in der Biermünze in den Ausschank gehen wird. Mit 19,3 °P und 8,1 Vol-% Alkohol wird es im übertragenen Sinne sicher auch die kältesten Füße wärmen - aber "Vorsicht, jeder nur einen wenzigen Schlock, sonst steigt er in den Kopf".

    Wie weiter unten auf dieser Seite zu lesen ist, experimentieren wir mit alkoholreduzierten IPA's (Imperial Pale Ale, India Pale Ale) und schrieben dazu Folgendes:
    "Mit den zweiten 50 L versuchen wir, in druckloser Vergärung ein "Kveik Pale Ale" herzustellen. Die gekochte und abgekühlte Würze wurde von Beginn an mit Ariana und Blanc Wethop kalt gehopft, für die Vergärung haben wir aus Tank Siegfried frische Laerdal Kveik entnommen und der Würze zugegeben. Diese Hefe vergärt bei rund 35 °C ohne unerwünschte Gärnebenprodukte und sollte mit den aus der Hefe resultierenden "Obstsalat"-Aromen, dem Nelson Sauvin und dem Ariana und Blanc Kalthopfen gut harmonieren und ein schönes "Kveik Pale Ale" ergeben. Falls der Wethop enzymatisch inaktiv ist, rechnen wir mit maximal 3,5 Vol-% Alkohol."

    Die Analyse zu diesem Bier hat nun ergeben, dass wir bei einer Stammwürze von 11,4 °P einen Alkoholgehalt von nur 3,0 Vol-% erreichten, bei einer Bittere von gut 55 IBU Einheiten, also dem Biertyp entsprechend (Pilsner Biere liegen meistens zwischen 30 und 35 IBU). Kommerzielle IPAs erreichen meistens Alkoholgehalte zwischen 6 und 8 Vol-%, und unser restlos ausgetrunkener "ImPerAtor" erreichte auch 8 Vol-%, sehr schmackhaft zwar, aber auch nicht ganz ungefährlich. Ausgewählte Testtrinker haben das Aromaprofil des Kveik Pale Ale nun bewertet und es klar in die Richtung "IPA" verortet. Bei der recht hohen Gärtemperatur von 35 °C wurden sicher jedoch einige Aromen ausgetrieben, weshalb wir diese Experimente am 23.10. wiederholt haben. Die 100 L Würze wurden exakt so hergestellt wie zuvor, auch erfolgten die Heiß- und Whirlpool-Hopfung identisch wie zuvor. Die Menge an WetHop haben wir minimal reduziert, und die Vergärung haben wir wie folgt verändert: 50 L werden bei 20 °C mit der Laerdal Kveik (wieder direkt aus Tank Siegfried), 50 L bei 20 °C mit der Voss Kveik vergoren. Die etwas niedrigere Gärtemperatur sollte die Hopfenaromen betonen und die der Hefen etwas vermindern. Beide Hefen sedimentieren sehr gut, insbesondere in der 2. Führung, die Biere erfordern daher keine mehrwöchige Lagerung und sind schon 2 Wochen nach dem Brauen recht klar. Von den fertig angestellten Würzen wurden zwecks späterer Analyse mit der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) Proben gezogen und unmittelbar bei -20 °C eingefroren. Bei der etwas niedrigeren Gärtemperatur dürfte die Vergärung nach 5 Tagen beendet sein, und mit der vergleichenden Analyse der angestellten Würzen und den fertigen Bieren können wir später über das jeweilige Zucker-Chromatogramm beurteilen, ob der Hopfen sicher enzymatisch inaktiv war. Beide Biere sollen später bei den Kollegen vom Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität der TU München (BLQ) bewertet werden.

    Immerhin konnten wir am 23.10. doch noch ein Schwarzbier herstellen, auch dieses ist semi-experimentell. In publizierten Arbeiten konnten wir zeigen, dass auch mit dem im Vergleich zu hellen Malzen enzymschwächeren dunklen Münchner Malz problemlos bei 72 °C isotherm gemaischt werden kann. Bei einer Stammwürze um 11 °P erreichen wir mit 100% Münchner Malz Alkoholgehalte um 2,5 Vol-%. Diesmal haben wir im Rezept rund 75% Münchner Malz verwendet, 16% Melanoidinmalz und 9% Caramünch, d.h. nur 75% der Malzmischung sind enzymatisch aktiv. Außerdem haben wir ein wenig Carafa zugegeben, um die Farbe zu vertiefen. Gebraut wurde im "Braumeister 50", der bzgl. der Pumpleistung mit 11 kg Malz und 50 Liter Hauptguss diesmal an seine Grenzen kam. Die Bittere wurde auf gerechnete 20 IBU eingestellt, im Whirlpool haben wir den würzigen "Rottenburger" Aromahopfen verwendet. Vergoren wird der Sud mit der TUM W34/70 in der zweiten Führung. Mit einer gemessenen Stammwürze von knapp 11 °P sollte der Alkoholgehalt dieses Bieres zwischen 2 und 2,5 Vol-% liegen, und es sollte rechtzeitig zu Weihnachten fertig sein.

  • Die Herstellung alkoholfreier Biere ist insofern anspruchsvoll, insbesondere in Kleinbrauereien, weil die gewöhnliche Hefe-Gärung immer mit der Bildung von Kohlensäure und Alkohol verbunden ist. In den Lehrbüchern des Brauwesens finden sich neben den verschiedenen Entalkoholisierungsverfahren normal gebrauter Biere auch andere Herangehensweisen wie bspw. Hefewachstum bei sehr niedriger Temperatur, die Hefe vermehrt sich nur unter Abbau von Zuckern, ohne aber Alkohol zu bilden, oder eben die gestoppte Gärung. Im letzteren Falle wird mit reduzierter Stammwürze von ca. 7 - 8 °P eingebraut, um das Bier nicht zu süß werden zu lassen. Man beginnt eine normale Vergärung und stoppt die Vergärung spätestens beim Erreichen von 0,5 Vol-% Alkohol. Ein gewisser Vergärungsgrad ist notwendig, weil karbonisierte Würze nicht wie Bier schmeckt. Das hängt mit verschiedenen Aldehyden und Ketonen zusammen, die erst von den Hefen metabolisiert werden, auch darf man nicht vergessen, dass Hefen eine ganze Phalanx an Aromen produzieren, die dem Bier erst seinen Charakter geben. Man kann die Gärung durch thermische Behandlung stoppen oder aber durch eine Feinfiltration, und manche kleinere Brauereien brauen nach diesen Verfahren. Man kann auch Einfachbiere mit Stammwürzen um 2,5 °P herstellen, diese enthalten so wenige vergärbare Zucker, dass ein Alkoholgehalt von 0,5 Vol-% mit gewöhnlichen Bierhefen leicht erreicht wird. Mit maltotriosenegativen Hefen ist auch eine Stammwürze von 3 °P mit 0,5 Vol-% Alkohol erreichbar. Einfachbiere schmecken zwar etwas wässrig, sind aber gerade im Sommer schöne Durstlöscher, und mit den zahlreichen verfügbaren Aromahopfen lassen sich trotzdem gut trinkbare Biere brauen.

    Zusammen mit den Kollegen am Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität (BLQ) der TU München (Direktor: Prof. Dr. Fritz Jacob) arbeiten wir an vollmundigen alkoholfreien Bieren (max. 0,5 Vol-% Alkohol), die mit sog. maltosenegativen Hefen hergestellt werden. Diese werden am BLQ intensiv untersucht, und unser Beitrag besteht darin, das isotherme Maischverfahren bei Temperaturen von 72 °C und darüber anzuwenden. Standardmäßig brauen wir mittlerweile mit der "Ludwigshefe" (TUM SL17 - Saccharomycodes Ludwigii), und bei einer Stammwürze von 7,5 °P erreichen wir die Grenze von 0,5 Vol-%, ohne dass es den Bieren an Geschmack fehlt. Mit der TUM 247 (Cyberlindnera saturnus) haben wir bereits das erste Weizenbier gebraut, das bei einer Stammwürze von 8,5 °P einen Alkoholgehalt von nur 0,5 Vol-% erreichte. Diese Hefe produziert ein weiches Aroma von Birnen, auch werden Beeren und Eisbonbon Aromen beschrieben. Nach unserer Erfahrung ist dieses Bier 4 Wochen nach dem Brauen zwar schon gut trinkbar, mit einer Lagerzeit von 3 - 6 Monaten bei 2 °C wird es aber noch etwas runder im Geschmack. Am 9. Oktober haben wir eine weitere Hefe von den Kollegen aus München verwendet, und zwar die maltosenegative TUM 242 (Cyberlindnera amylophila). Diese verwertet zwar Glucose, jedoch keine Maltose, Maltotriose und höhere. Wir haben diesmal Pale Ale Malz und Carapils isotherm bei 72 °C gemaischt und eine Stammwürze von 12 °P eingestellt. Gehopft wurde nur mit Hallertauer Magnum Bitterhopfen, wir haben eine Bittere von ca. 20 IBU eingestellt. Von diesem 30 Liter Sud haben wir 7 Liter mit 3 Litern abgekochtem Wasser verdünnt und so eine Stammwürze von 8,4 °P erreicht. Die Bittere sollte bei maximal 15 IBU liegen, also an der Grenze der Wahrnehmbarkeit. Diese 10 Liter Würze werden nun mit der TUM 242, die typische Weizenbieraromen produziert, vergoren, und zwar drucklos unter einer Gärglocke. Die restlichen gut 23 Liter Würze haben wir auf 2 Gärgefäße aufgeteilt. Eine Teilwürze vergären wir mit der "Philly Sour". Dabei handelt es sich um eine spezielle Wildhefe aus der Lachancea-Familie, die während der alkoholischen Gärung eine nicht zu hohe Menge an Milchsäure und Aromen von Steinfrüchten produziert, auch werden Apfel und tropische Früchte angegeben. Sauerbiere wie z.B. "Berliner Weisse" oder die belgischen "Lambics" sind zwar eigentlich typische Sommerbiere, aber warum soll man sie nicht auch im Herbst und Winter trinken? Die zweite Teilwürze vergären wir mit einer klassischen "Irish Ale" Hefe, die den Malzcharakter des Bieres unterstützen soll, ohne zu viele fruchtige Ester einzubringen.

    Grundsätzlich testen wir neue Rezepte immer in kleinen Ansätzen mit nicht zu komplizierten Malzmischungen, denn welcher Brauer schüttet schon gerne ein nicht ganz so gelungenes Bier in größerer Menge weg?

  • Nach 3 Wochen Braupause (wie schnell die Zeit doch vergeht) war es am 02. Oktober wieder so weit, und wir haben den Braumeister 50 und die Brewtools 150 angeworfen. Wir haben diesmal "advanced experimental" gebraut und mit dem Braumeister ein dunkles alkoholarmes/alkoholfreies Bier mit einer Stammwürze von rund 7 °P hergestellt. Der aus Münchner Malz, Melanoidinmalz und Sauermalz hergestellte und nur mit Hallertauer Magnum gehopfte Sud wird mit der TUM SL17 (Saccharomycodes Ludwigii) vergoren, die nur die in geringen Mengen vorkommenden Zucker Saccharose, Glucose und Fructose verwertet. Aufgrund des zu geringen pH-Sturzes während der Vergärung ist die Zugabe von Sauermalz oder Sauergut zwingend erforderlich, um die kratzig bitteren Hopfenbestandteile auszufällen und das Bier gut trinkbar zu machen. In unseren bisherigen Versuchen mit maltosenegativen Hefen haben sich 25% Sauermalz als optimal erwiesen. Wir rechnen mit einem Alkoholgehalt von 0,5 Vol-%, dann wäre das Bier nach den gesetzlichen Regeln alkoholfrei.

    Da wir sehr viele und gute Erfahrungen mit den norwegischen Kveik(-Hefen) gewonnen haben, haben wir mit der Brewtools 150 Anlage aus Pale Ale Malz und Carahell 100 Liter Würze hergestellt, erreicht haben wir nach dem Hopfenkochen mit Hallertauer Magnum und Nelson Sauvin (letzterer im Whirlpool) eine Stammwürze von 11,3 °P. Der Nelson Sauvin ist ein feiner aber nicht ganz preiswerter neuseeländischer Aromahopfen mit Aromen von Sauvignon Blanc, Stachelbeere und Grapefruit. Der Sud wurde aufgeteilt, 50 L davon werden im ZKG mit der Lutra Kveik vergoren, und das fertige Bier, welches eine "Lager-Charakteristik" hat, sollte mit subtilen Fruchtaromen gut trinkbar sein. Wir rechnen mit 3 - 3,3 Vol-% Alkohol.

    Mit den zweiten 50 L versuchen wir, in druckloser Vergärung ein "Kveik Pale Ale" herzustellen. Die gekochte und abgekühlte Würze wurde von Beginn an mit Ariana und Blanc Wethop kalt gehopft, für die Vergärung haben wir aus Tank Siegfried frische Laerdal Kveik entnommen und der Würze zugegeben. Diese Hefe vergärt bei rund 35 °C ohne unerwünschte Gärnebenprodukte und sollte mit den aus der Hefe resultierenden "Obstsalat"-Aromen, dem Nelson Sauvin und dem Ariana und Blanc Kalthopfen gut harmonieren und ein schönes "Kveik Pale Ale" ergeben. Falls der Wethop enzymatisch inaktiv ist, rechnen wir mit maximal 3,5 Vol-% Alkohol.