Mai 2024

  • Wir haben am 21. Mai 2024 ein neues Pilsner Bier gebraut, in zwei Brauvorgängen insgesamt 200 Liter, die in unserem "Tank Siegfried" von der LalBrew Diamond vergoren und darin reifen werden. Die Schüttung bestand in der Basis aus Pale Ale Malz, ergänzt durch Carapils, und nach Konditionierung wurde das Malz mit unserer MattMill Professional geschrotet.
    Da wir zumindest bei einem Sud sehr gute Erfahrungen mit konditioniertem Malz und der BrewTools 150 Pro machen konnten, haben wir diesmal in der Malzrohrtechnik gebraut. In der BrewTools wurden rund 115 Liter Wasser auf 82 °C aufgeheizt, und nach Einmaischen, welches mit einem Honigquirl gut 5 Minuten dauerte, erreichten wir die Zieltemperatur von 76 °C, die für 30 Minuten konstant gehalten wurde.
    Danach war die Maische bereits jodnormal, und es folgte ein rund einstündiges Läutern, mit Nachguss. Das Läutern benötigte trotz der bestens erhaltenen Spelzen mehr Zeit als bei früheren Brauvorhaben, und uns stellt sich aktuell die Frage, ob die in Bezug auf Calciumsalze vermutlich nicht einheitlich stabile Wasserzusammensetzung in Clausthal hier auch eine Rolle spielen könnte.
    Nach Ende des Läuterns und der Zugabe von Sauergut zur Anpassung des pH-Wertes haben wir rund 115 Liter mit einer Stammwürze von rund 11,5 °P erhalten, die anschließend mit nicht-isomerisiertem Bitterhopfenextrakt für 60 Minuten gekocht wurden. Nach 30 Minuten erfolgte die Zugabe eines Aromahopfens, mit einer weiteren Gabe von Aromahopfen nach dem Kochen im Whirlpool. Bei beiden Suden und gleichen Gesamtmengen an Wasser haben wir mit einer Abweichung von nur 0,1 °P die gleiche Stammwürze erreicht, was schon einmal für eine gute Reproduzierbarkeit spricht.
    Da wir bei den seit März 2024 gebrauten Bieren mit einer Ausnahme Bitterwerte erhielten, die nur ca. 2/3 der berechneten und früheren Werte betrugen, haben wir diesmal die Hopfenmengen um 50% erhöht. Wir sollten eine Bittere um 30 - 35 IBU Einheiten erhalten. Da das Wasser am 21. Mai viele Kalkflecken auf den Armaturen hinterließ, sind wir optimistisch, dass die Bittere nicht zu sehr nach oben abweichen wird. In den kommenden Tagen werden die Teststreifen für Calcium-Ionen geliefert, dann haben wir am jeweiligen Brautag zumindest semiquantitative Informationen zum Kalkgehalt im "Brauwasser des Tages".
    Aktuell sind alle unsere Tanks gefüllt, und in der Kühlkammer befinden sich ausgereifte Biere, die meisten davon filtriert, die nun nach und nach abgegeben werden. Mit Kerzenfiltern haben wir gemischte Erfahrungen machen müssen, aber darüber wird hier zu einem späteren Zeitpunkt noch berichtet. Grundsätzlich ist es möglich, die Biere ohne Geschmackseinbußen weitgehend klar zu filtrieren, aber die Durchsatzrate ist stark von der Vorklärung der Biere und bei gleicher Trübung auch wieder von der jeweiligen Hefe abhängig.
    Es hat sich bisher als nicht zielführend erwiesen, ein trübes Bier so zu filtrieren. Nach spätestens 20 L hat sich der einzelne Filter zugesetzt, und dann geht es entweder nur noch sehr langsam voran, oder der Filter muss häufig mit brautechnisch sterilem Wasser gegengespült werden. Abgesehen davon, dass es zu Verlusten kommt, ist der Zeitaufwand durchaus beträchtlich. Aus Kostengründen aber auch wegen der begrenzten Räumlichkeiten ist eine Filtration wie in Großbrauereien mit Anschwemmfiltern und kaskadierten Plattenfiltern nicht sinnvoll umsetzbar. Wir prüfen aber noch eine andere Option. Daher werden die Biere wie bisher nach 2 - 3 Wochen im Tank weiterhin gut 2 Monate in der Kühlkammer reifen und je nach Bier erst nach dieser Zeit filtriert. Die Biere aus den auf dieser Website beschriebenen Brauvorgängen kommen daher erst nach je ca. 3 Monaten in die Ausgabe. Unsere Pale Ales sowie unsere seltener gebrauten Weissbiere filtrieren wir nicht, die können auch schon mal nach 6 Wochen in die Abgabe gehen.

  • Wer kennt nicht das Pilsner Bier, das eines der am häufigsten gebrauten Biere in deutschen Brauereien ist. Es ist charakterisiert durch eine gelbe bis goldgelbe Farbe, es kann eine deutliche Hopfenblume aufzeigen, und es ist eher bitter mit 30 - 40 IBU Einheiten. Der Alkoholgehalt liegt mit einer Stammwürze von 11,5 °P bei ca. 5 % vol, und ein Pilsner Bier aus Großbrauereien ist klar filtriert. Ein Pilsner Bier ist als untergäriges Bier eher einfach zu brauen, wenn die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, die Malzschüttung besteht in der Basis aus Pilsner Malz, abgerundet durch Spezialmalze wie Carahell oder Carapils. Für die Bittere verwendet man einen Bitterhopfen als Pellets oder Extrakt, und für das Aroma kommen klassische Hopfen aus der Hallertau in Frage, wie "Tradition", "Mittelfrüh" oder auch solche aus Tettnang, um nur einige zu nennen. Vergoren werden die meisten kommerziellen Pilsner Biere mit den untergärigen Hefen W34/70 oder W34/78. Da diese Hefen eine gewisse Menge an nach Butter schmeckendem Diacetyl produzieren, sind eine längere Lagerzeit oder eine Vergärung unter Überdruck erforderlich.
    Wir haben für 50 Liter Pils eine Schüttung bestehend aus Pale Ale Malz und Carapils verwendet und diese isotherm bei 78 °C gemaischt. Mit Pale Ale Malz ergibt sich nach unserer Einschätzung eine bessere Vollmundigkeit als mit Pilsner Malz, und Carapils verbessert die Schaumstabilität. Die Maische war in unserer 50/70 L Anlage mit Rührwerk nach 30 Minuten jodnormal, und eine längere Maischzeit hat nach unserer Erfahrung kaum noch einen Einfluss auf die erzielbare Stammwürze, da die Verzuckerung sowieso während des Läuterns fortgeführt wird. Es spielt nach unseren bisherigen Erfahrungen keine nennenswerte Rolle, ob 30 oder 60 Minuten gemaischt wird, bevor sich ein 30 - 60-minütiges Läutern anschließt, die erzielbare Stammwürze ist beinahe identisch, und wir haben bei gleicher Gesamtzeit bisher keinen Unterschied zu einem 2- oder 3-stufigen Infusionsverfahren feststellen können. Gekocht wurde der Sud in der BrewTools 150 Pro während einer Stunde mit einem Bitterhopfenextrakt von Yakimachief, für das Aroma wurde Hallertauer Mittelfrüh in 2 Gaben zugegeben, mit dem Ziel einer Bittere von 35 IBU Einheiten. Vergoren wird der Sud in "Tank Ulla" mit der Lallemand "Diamond", eine untergärige Hefe, die in ihren Eigenschaften nahe bei der W34/70 liegt. Mit einer Stammwürze von rund 11,5 °P rechnen wir basierend auf kürzlichen Ergebnissen mit einem Alkoholgehalt von 2,3 % vol, eine sich abzeichnende untere Grenze mit maltotriosepositiven Hefen.

    Am selben Tag haben wir mit denselben Gerätschaften auch ein Helles gebraut, mit der identischen Vorgehensweise. Die Schüttung wich ein wenig von der des Pilsner Bieres ab und enthielt auch noch ein wenig Melanoidinmalz. Damit soll das Bier im Vergleich zum Pils geschmacklich ein wenig mehr "Körper" erhalten und eine etwas tiefere Farbe. Gemaischt wurde bei 78 °C, und die Würze wurde mit dem genannten Bitterhopfenextrakt von Yakimachief gekocht, für das Aroma verwendeten wir Hallertauer Mittelfrüh und einen für den Whirlpool geeigneten Hopfenextrakt von Yakimachief in der Variante "Citra". Mit diesem Aromahopfen soll dem Bier ein sehr dezentes fruchtaromatisches Profil verliehen werden. Die berechnete Bittere sollte zwischen 25 und 30 IBU Einheiten betragen, also etwas milder als das Pils, und beim Alkoholgehalt rechnen wir ebenfalls mit ca. 2,3 % vol Alkohol. Vergoren wird der Sud in "Tank Alex", und das Bier sollte wie auch das Pilsner Bier Ende Juni / Anfang Juli ausgereift sein. Beide Biere werden anschließend einer Filtration über einen Kerzenfilter unterzogen, damit klare Biere resultieren.
    Nach einer Testphase, in der wir viel über das Filtrieren mit Kerzenfiltern gelernt haben, werden wir künftig die meisten Biere filtrieren, nicht jedoch unsere Pale Ales und Weissbiere. Eine gewisse Trübung ist bei einem Pale Ale eher gewünscht, und wir können sie durch gut sedimentierende Hefen gut kontrollieren, und bei einem Hefeweissbier erwartet man eh eine gewisse Trübung. Gerade für unsere alkoholfreien und pasteurisierten Biere ist eine Filtration für die Stabilität des Bieres von großem Vorteil, ferner für unsere glutenfreien Biere, die wir aber nicht regelmäßig brauen.

  • Unser Schwarzbier gehört zu den häufiger nachgefragten Bieren bei uns, insbesondere in der Sommerzeit. Ein Schwarzbier basiert meistens auf dunklem Münchner Malz, die kaffeeartigen Aromen, die für ein solches Bier typisch sind, werden mit Caramünch erreicht und mit Röstmalzen wie Carafa oder Chocolate Malt vertieft. Wir verwenden in der Schüttung zusätzlich noch etwas Melanoidinmalz und eine kleine Menge Rauchmalz, um dem Bier mit letzterem einen Hauch an Raucharoma zu verleihen. Für die Vertiefung der Farbe haben wir Röstmalzbier der Firma Weyermann verwendet.
    Wir (bzw. einer von uns) haben diesmal, um den Aufwand am Vatertag, dem 09. Mai 2024, etwas geringer zu halten, mit der Malzrohrtechnik gebraut und in unserer BrewTools 150 Pro 130 Liter Wasser mit einer Temperatur von 82 °C vorgelegt. Eingemaischt wurden insgesamt 23 kg der Malzmischung, und nach dem Einmaischen sank die Temperatur auf 76 °C, die für 60 Minuten konstant gehalten wurde.
    Mittlerweile konditionieren wir unser Malz, wofür wir unsere Schrotmühle, die neue MattMill Pro der Firma MattMill, die diese letztlich aus einem Forschungsprojekt hervorgehend entwickelt hat, leicht anpassen mussten. Mit dieser kleinen Modifikation, die im Austausch mit Matthias Hoßfeld umgesetzt wurde, lässt sich nun auch konditioniertes Malz problemlos schroten. Im Nebeneffekt haben wir fast keine Staubentwicklung mehr, was nicht nur der Sauberkeit im Malzlager dienlich ist, sondern auch die Belastung mit Malzstaub, die insbesondere bei Allergikern zu Malzfieber führen kann, auf ein Minimum reduziert. Auch die gefürchtete Klumpenbildung beim Einmaischen ist durch die Verwendung von konditioniertem Malz kein nennenswertes Problem mehr.
    Liest man die Lehrbücher des Brauwesens, würde niemand wagen, ein vorgeblich enzymschwaches Malz wie Münchner Malz, dazu in Mischung mit 30 % enzymatisch inaktiver Spezialmalze, bei 82 °C einzumaischen und anschließend während 60 Minuten bei 76 oder sogar 78 °C zu maischen. Fakt ist aber, dass die Maische bereits nach 30 Minuten jodnormal war und sich die in situ Extraktausbeute während der folgenden 30 Minuten nur noch um weniger als 1 °P erhöhte.
    Wie kann so was sein? Eine wissenschaftliche Diskussion dazu wäre wahrscheinlich abendfüllend und vermutlich kontrovers, aber man muss berücksichtigen, dass jedes Jahr in der Europäischen Union bis zu 30 neue Gerstensorten angemeldet werden. In Deutschland werden die Braugersten durch Züchtungen im sog. Berliner Programm kontinuierlich weiterentwickelt, und Braumalz besteht selten aus einer einzigen Gerstensorte. Aktuell besteht Braugerste (häufig) zu rund 50 % aus der enzymstarken Sorte "Avalon", andere Sorten in der Mischung können die "Quench" sein, die "Accordine", die "Leandra", die "Irina" und etliche andere.
    Die Avalon wird nun aber nach und nach durch bessere Gerstensorten ersetzt, und so wird das Braumalz eben kontinuierlich besser. Mälzereien sind hochspezialisierte Betriebe, und die Mälzer, Mälzermeister, Brauer und Braumeister in diesen Betrieben entwickeln die Prozesse stetig weiter, sodass heutzutage eben Malze auf dem Markt sind, die für das isotherme Hochtemperaturmaischen sehr gut geeignet sind, auch wenn diese Zielsetzung vielleicht nie im Vordergrund stand. Auch muss die wissenschaftliche Frage erlaubt sein, ob sich im Laufe dieser vielen Jahre an kontinuierlicher Entwicklung nicht auch die Molekülstruktur der alpha-Amylase verändert hat.
    Wir haben nach dem Läutern nur 10 Liter Nachguss verwendet und mussten die Würze danach auf fast 130 Liter verdünnen, um die Zielstammwürze von 11,5 °P, mit der der Alkoholgehalt des fertigen Bieres bei ca. 2,5 % vol liegen sollte, zu erreichen. Gekocht wurde die Würze in der BrewTools während einer Stunde mit einem nicht-isomerisierten Bitterhopfenextrakt von Yakimachief, 5 Minuten vor Kochende wurde eine weitere kleine Menge dieses Hopfenextraktes zugegeben, und die berechnete Bittere sollte im fertigen Bier bei 30 IBU Einheiten liegen.
    Wir haben bei Suden im März, über die hier nicht im Detail berichtet wurde, leider beobachten müssen, dass Hopfen aus einer Kleinpackung falsch ausgezeichnet war oder in der Packung eben nicht der Hopfen enthalten war, den wir gekauft zu haben glaubten. Ein Pils, welches für 30 IBU Einheiten ausgelegt wurde, erschien im Geschmack auffällig mild in der Bittere, und die Messungen haben gezeigt, dass bei allen vier Bieren die gemessene Bittere nur ca. 2/3 der berechneten betrug. Anstelle von 30 IBU Einheiten für ein Pils erreichten wir nur 20 IBU Einheiten, und anstelle von 20 IBU Einheiten bei einem dunkleren Bier nur deren 13 IBU Einheiten - unpassend für die angestrebten Biere. Mit Bitterhopfenextrakten von großen Firmen hatten wir dieses Problem nie, selten wich die gemessene Bittere mal um 2 IBU Einheiten vom Zielwert ab, daher verwenden wir für die Einstellung der Bittere nun wieder konsequent Bitterhopfenextrakte.
    Die gekochte Würze wurde nach 15 Minuten Whirlpool über einen Trubfilter und einen Plattenwärmetauscher auf die 50/70 L ZKGs "Tank Martin" und "Tank Mathias" aufgeteilt, und in jedem Tank werden nun gut 50 Liter Würze mit der Lallemand "Diamond" in der zweiten Führung vergoren. Wie auch viele größere Brauereien haben wir die Erfahrung gemacht, dass gerade untergärige Hefen ab der zweiten Führung besser vergären und besser sedimentieren, was den Vorteil hat, dass sich die Biere schneller klären und dann auch mit weniger Aufwand zu filtrieren sind.
    Allerdings hat die Mehrfachführung untergäriger Hefen, die letztlich Hybride aus der Saccharomyces Eubayanus und der Saccharomyces Cerevisiae sind, ihre Grenzen, und ab der 5. Führung muss man mit anderen Gäreigenschaften rechnen. Wir verwenden untergärige Hefen maximal 3x wieder. Mit der Malzrohrtechnik haben wir bisher immer etwas höhere Alkoholgehalte erzielt als in Maischpfannen mit Rührwerk, trotzdem rechnen wir mit weniger als 3 % vol Alkohol. Wir sind auch gespannt, wie sich die merklich reduzierte Klumpenbildung des konditionierten Malzes im Malzrohr während des Einmaischens auf den späteren Alkoholgehalt auswirkt.
     

    Update: Unsere Vermutung, dass die geschilderten Probleme der Bittere mit einer nicht richtig ausgezeichneten Hopfenlieferung zusammenhängen könnten, hat sich leider nicht bestätigt, denn das gleiche Problem tritt auch mit Bitterhopfenextrakt auf. Dass eine Kleinpackung und die hermetisch verschlossene Dose eines namhaften Herstellers gleichzeitig falsch ausgezeichnet sind, darf als unwahrscheinlich betrachtet werden. Wir haben diese Probleme erstmals mit im März 2024 gebrauten Bieren beobachtet. Ca. im Februar 2024 haben die Stadtwerke Clausthal für Clausthal ein neues Wasserwerk in Betrieb genommen, und das Wasser wird nun, wie auch in Zellerfeld in einem anderen Wasserwerk, aufgekalkt, womit sich der pH-Wert verändert, aber auch die Wasserzusammensetzung. Hierzu verweisen wir mit dem Suchwort "Wasserqualität" auf die Website der Stadtwerke Clausthal.
    Offenbar gibt es Schwankungen in diesem Prozess, denn einmal sieht man auf den Armaturen wenige Kalkflecken, einmal viele, wenn Wasser eintrocknet. Die Wasserqualität beeinflusst massiv den Würzebruch, und dafür sind neben dem durch Sauergut eher leicht anpassbaren pH-Wert auch die durch die Aufkalkung eingetragenen Calcium-Ionen verantwortlich. Dazu kann man im Lehrbuch "Die Bierbrauerei", Band 2 von Ludwig Narziß und Werner Back mit Verweis auf ein Literaturzitat lesen: "Die Eiweißkoagulation wird (durch Calciumionen) gefördert. Beim Maischen schützen sie die alpha-Amylase vor Hitzedenaturierung, sie begünstigen auch die Aktivität von Endopeptidasen". Ferner wird auf eine verbesserte Hefesedimentation hingewiesen.
    Eine Veränderung des Würzebruchs können wir bestätigen, wobei der Würzebruch nun besser ausflockt als früher. Leider adsorbiert dieser Würzebruch teilweise auch die während des Kochens entstandenen iso-alpha-Säuren, wie auch die sedimentierende Hefe diese mit ausfällt. 30 IBU heißt in eine Konzentration umgerechnet, dass sich in einem Liter Bier 30 mg iso-alpha-Säure befinden, und diese Substanz bestimmt die Bittere. Die gelöste Menge steht wiederum in einem Gleichgewicht mit der am Würzebruch adsorbierten Menge, und wenn der Würzebruch, der aus vielen Komponenten besteht, die Adsorption der Bitterstoffe begünstigt, stehen im Gleichgewicht weniger für die Bittere zur Verfügung.
    In einer Brauerei kann man sich auf eine veränderte Wasserqualität einstellen. Wenn das Wasser in der Zusammensetzung verlässlich stabil bleibt, müssen wir unsere Hopfengaben um ca. 50% nach oben anpassen, um wieder unsere früheren Werte für die Bittere aber auch für das Aroma zu erreichen. In Schwierigkeiten geraten wir allerdings dann, wenn wir an einem Brautag einmal sehr weiches Wasser zur Verfügung haben sollten. Dann würden unsere Biere vielleicht untypisch bitter, und dann könnten wir ein solches Bier nur noch mit einem anderen verschneiden, das eben weniger bitter ist.
    Für unsere abgegebenen Biere wäre das Problem lösbar, kritisch wird es aber dann, wenn wir für spätere Veröffentlichungen Forschungsbiere brauen, und es in den nötigen drei Versuchsreihen mit unterschiedlichem Brauwasser zu tun haben. Dann würde man die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen vergleichen, und die nicht reproduzierbaren Ergebnisse wären nicht publizierbar. Als erste Maßnahme haben wir ein Testkit bestellt, mit welchem wir am Brautag semiquantitative Aussagen zum Gehalt an Calcium-Ionen im "Brauwasser des Tages" erhalten. Wir werden nun in regelmäßigen Abständen Proben untersuchen lassen, und, wenn es künftig weiterhin größere Schwankungen geben sollte, werden wir keine andere Wahl haben, als eine automatische Wasseraufbereitungsanlage einzubauen. Viele große Brauereien bereiten ihr Wasser so auf, die Technik dazu gibt es. Es bleibt aber die Frage, welche Kosten in diesem Falle auf uns als Universitätsinstitut zukommen werden.

  • Am 07. Mai haben wir basierend auf Vorversuchen aus einer Bachelorarbeit einen Versuch zu einem Pale Ale/ NEIPA mit weniger als 2 % vol Alkohol durchgeführt. Bisher haben solche Biere bei uns mit einer Stammwürze um 11 °P Alkoholgehalte von 2,3 - 2,4 % vol aufgewiesen. Diese werden erreicht, indem wir konsequent nach unserem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren brauen und den Hop Creep Effekt von Hopfen vermeiden, indem entweder der Aromahopfen für die Kalthopfung zuvor enzymatisch inaktiviert wird oder wir eben mit Hopfenextrakten arbeiten, die keinerlei enzymatische Aktivität haben.
    Mit den aktuell verfügbaren Braumalzen scheint sich bei einer Stammwürze um 11 °P der genannte Alkoholgehalt als untere erreichbare Grenze abzuzeichnen, wenn Hefen verwendet werden, die Maltose und Maltotriose vergären. Vermindern lässt sich der Alkoholgehalt nur noch durch Absenkung der Stammwürze, oder eben durch Verwendung von Hefen, die keine Maltose oder keine Maltotriose vergären. In unserem aktuellen Versuch haben wir den Sud mit der maltotriosenegativen obergärigen Hefe "Windsor" von Lallemand Brewing vergoren, und zwar in unserem "Tank Volker". Daher haben wir eine Mischung aus Pale Ale Malz, Carapils und Melanoidinmalz in unserem BrewTower 140+ isotherm bei 78 °C gemaischt und als Vorderwürzebier ausgelegt.
    Die wenigen Verbesserungen an unserem "Brauturm", d.h. zwei zusätzliche Rührpaddel und eine stärkere Umwälzpumpe, haben das Maischen erheblich vereinfacht, da sich nun beim Einmaischen kaum noch Klumpen bilden bzw. diese sehr schnell zerfallen. In den nächsten Tagen wird die Maischpfanne noch mit zwei Prallblechen ausgerüstet, die die Maischarbeit weiter verbessern werden.
    Wir haben einmal 30 Minuten gemaischt und die Würze anschließend in unserer BrewTools Anlage gekocht, im zweiten Vorgang haben wir 60 Minuten gemaischt, weil die BrewTools eben mit dem Kochen der ersten Würze belegt war. Interessant ist, dass sich die Stammwürzen nach dem Abmaischen nur geringfügig unterschieden haben, 60-minütiges Maischen bringt gegenüber 30-minütigem Maischen kaum noch einen Vorteil, die Restverzuckerung findet eh im Läuterbottich bzw. in der Sudpfanne statt. Angemerkt sei, dass beide Maischen bereits nach 30 Minuten bei 78 °C visuell jodnormal waren.
    Gekocht wurden beide Sude mit einem Bitterhopfenextrakt von Yakimachief, mit einem Zielwert von milden 20 IBU Einheiten. Die Whirlpoolhopfung erfolgte mit einem Hopfenextrakt von Yakimachief in der Variante "Citra", und für die Kalthopfung haben wir von BarthHaas das Produkt "Spectrum" in der Variante "Galaxy" verwendet. Die Kombination dieser Hopfenextrakte führt zu Aromen tropischer Früchte.
    Vergoren werden beide Sude, wie oben skizziert, mit der maltotriosenegativen Hefe "Windsor" von Lallemand Brewing. Zu dieser Hefe möchten wir bzgl. unserer zylinderkonischen Gärgefäße (ZKGs) ein paar Worte verlieren. Im Sommer 2023 haben wir nach der Reinigung unserer ZKGs im CIP-Verfahren mit ca. 40 °C warmen basischen und sauren Lösungen trotz mehrfacher Spülschritte beobachtet, dass alle Biere in den zuvor gereinigten ZKGs, die mit maltose- oder maltotriosenegativen Hefen vergoren wurden, "durchgegoren" sind. In den mittels HPLC gemessenen Chromatogrammen waren Maltose und Maltotriose nicht mehr nachweisbar. Als einzige Erklärung ergab sich, dass "irgendwo" im ZKG doch noch Hefezellen aus einer vorherigen Vergärung überlebt und dann eben Maltose und Maltotriose vergoren haben.
    Nach Rücksprache mit dem Hersteller der ZKGs haben wir die Reinigung der ZKGs daher angepasst. Die Reinigung mit Lauge und Säure erfolgt bei 50 °C, im letzten Schritt wird das ZKG zu 3/4 gefüllt und mit rund 80 °C heißem Wasser während einer Stunde gespült. Der Sprühkopf des ZKGs verteilt das heiße Wasser faktisch überall im ZKG, und so sollte - eigentlich - keine Hefezelle aus einer vorherigen Vergärung überleben können. Wir werden den Gärverlauf verfolgen und nach einer gewissen Zeit mit HPLC untersuchen, ob Maltotriose noch vorhanden ist und ob sich deren Konzentration im Vergleich mit der unvergorenen Würze verändert hat. Wenn diese nicht vergoren wird, sollte ein vollmundiges fruchtaromatisches Pale Ale / NEIPA mit 1,8 % vol Alkohol resultieren.
    Unsere bisherigen Erfahrungen deuten ferner stark darauf hin, dass wir mit einem Kerzenfilter mit einer Porenweite von 450 nm ein Bier erhalten, welches keine lebenden Hefezellen mehr enthält und somit in Fässern lagerstabil ist. Allerdings setzt eine solche Filtration voraus, dass sich die Hefe zuvor gut abgesetzt hat. So kann dann zumindest bei Fässern evtl. auf eine Pasteurisation dieses Bieres verzichtet werden. Wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis.
     

  • 05. Mai

    Gegenwärtig brauen wir einige alkoholfreie Biere mit maximal 0,5 % vol Alkohol, und zwar unter Verwendung sog. maltosenegativer Hefen, über die auf dieser Website schon häufiger berichtet wurde. Die Herausforderung bei diesen Hefen besteht darin, im Kaltbereich extrem sauber zu arbeiten und den Gärverlauf zu kontrollieren, um dann rechtzeitig die drucklos vergorenen Biere schonend zu pasteurisieren, bevor sie karbonisiert werden. Auf dem Markt gibt es nur wenige solche maltosenegative Hefen, eine davon ist die LoNa von Lallemand Brewing, die von Lallemand wie folgt beschrieben wird:
    "LalBrew® LoNa™ is the first maltose-negative Saccharomyces cerevisiae strain specifically developed using hybridization for brewing clean low-alcohol and non-alcohol beers (reduced worty flavors, POF-negative and H2S-negative). Advanced classical and non-GMO breeding methods were used to select a strain that does not consume maltose or maltotriose, resulting in very low attenuation. As a S. cerevisiae strain, LalBrew® LoNa™ performs like an ale yeast producing a clean and neutral aroma profile with no phenolic flavors, and significantly reducing aldehydes that cause worty flavors. Additionally, the patented technology from the University of California Davis (USA) ensures that the strain will not produce sulfurous off-flavors, allowing the malt and hop flavors to shine through." (Text in Anführungszeichen am 05.05.2024 der Website von Lallemand Brewing entnommen).
    Mit dieser Hefe sind keine Weizenbiere mit ihrem typischen Nelken- oder Bananenaroma herstellbar, auch keine Pilsner Biere, da die Hefe keinen Schwefelwasserstoff produziert. Nach unserer Erfahrung vergärt sie auch nicht ganz so neutral, wie vom Hersteller angegeben, bei Gärtemperaturen um 20 °C zeigen sich sehr dezente Ester-Aromen, die jedoch keineswegs unangenehm sind. Daher eignet sie sich nach unserer Einschätzung recht gut für die Herstellung alkoholfreier Pale Ale Biere, insbesondere, wenn bei der Kalthopfung enzymfreie Hopfenextrakte eingesetzt werden.
    Und so haben wir am 05. Mai ein alkoholfreies Pale Ale gebraut. Von Ausnahmen abgesehen brauen wir ausschließlich nach unserem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren, wobei wir die Maischtemperatur zwischen 72 und 78 °C variieren. Diesmal haben wir in unserer 50/70 L Anlage mit Rührwerk eine Malzmischung bestehend zu 50% aus Pale Ale Malz und zu 50% aus Münchner Malz während 60 Minuten bei 78 °C gemaischt. Mit einem Nachguss von 10 Litern erhielten wir in der Sudpfanne (unsere BrewTools 150 Pro) eine Stammwürze von 14 °P, und nach Verdünnung auf 100 Liter und nach Zugabe von Sauergut entsprechend 7 °P, welche mit maltosenegativen Hefen, die auch Saccharose metabolisieren, die Grenze für das Brauen von Bieren mit maximal 0,5 % vol darstellt.
    Mit einem nicht-isomerisierten Bitterhopfenextrakt von Yakimachief haben wir die Würze eine Stunde lang gekocht und eine Bittere von rund 30 IBU eingestellt. Die Whirlpoolhopfung erfolgte mit speziellen Hopfenextrakten von Yakimachief in den Varianten "Citra" und "Mosaic". Damit ist im Heißbereich bereits die Basis für Aromen tropischer Früchte gelegt. Um diese Aromen weiter zu betonen, haben wir eine Kalthopfung mit BarthHaas Spectrum in der Variante "Galaxy" durchgeführt, d.h. zeitgleich mit der Hefe wurde der Würze dieser Hopfenextrakt zugegeben. Dieser Hopfen bringt Aromen von Pfirsichen/Aprikosen und Ananas in das Bier, sodass insgesamt ein sehr fruchtaromatisches alkoholfreies Pale Ale resultieren sollte. Wir werden in den kommenden Tagen den Gärverlauf kontrollieren, und basierend auf früheren Ergebnissen sollte die Hauptgärung nach ca. 3 Tagen mit einem Alkoholgehalt von 0,5 % vol beendet sein. Wie bei dem am 30.04. gebrauten Bier erfolgt dann drucklos eine Pasteurisation bei 63 °C, gefolgt von einer Karbonisierung. Je nach Trübung wird das Bier später evtl. noch filtriert.

    An dieser Stelle möchten wir noch ein Wort zu Hopfenextrakten verlieren. Wer diese Website ausführlich liest, sieht, dass wir sowohl mit Hopfenpellets als auch mit Hopfenextrakten arbeiten, faktisch jedoch nicht mehr mit Hopfendolden, da diese in unseren Anlagen verfahrenstechnisch sehr schwierig zu handhaben sind. Die Meinungen, welche Form des Hopfens nun die bessere ist, gehen auseinander. Wir werden künftig insbesondere für die Einstellung der Bittere jedoch wieder vermehrt zu nicht-isomerisierten Hopfenextrakten greifen.
    Unsere Erfahrungen mit Bitterhopfenextrakt haben gezeigt, dass die Angaben zu den alpha-Säure-Werten auf den hermetisch verschlossenen Dosen verlässlich sind und in den Bieren recht präzise die Bittere erhalten wird, die zuvor berechnet wurde. Eine solche Konstanz haben wir mit Hopfenpellets aus Klein-Packungen leider nie erreichen können, wofür mehrere Ursachen in Frage kommen können, über die an dieser Stelle jedoch nicht spekuliert werden soll. Mit Bitterhopfenextrakt wird gerade für unsere Forschungsarbeiten die wissenschaftlich notwendige Reproduzierbarkeit sichergestellt.
    Im Bereich der Aromahopfen hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan, und mittlerweile gibt es bspw. von BarthHaas und Yakimachief (aber auch anderen) hervorragende Hopfenextrakte, die im Heißbereich bzw. im Kaltbereich eingesetzt werden können. Auch wenn sich diese Hopfenextrakte auf Hopfen mit Fruchtaromen für die Herstellung von Pale Ale Bieren konzentrieren, gibt es nun auch die ersten flüssigen Produkte aus den eher klassischen Hopfen wie Saazer, Perle oder Hallertauer Mittelfrüh, die bei Bieren wie "Pils" oder "Helles" eingesetzt werden können. Für unsere Forschungsarbeiten, die sich auf das isotherme Hochtemperaturmaischverfahren konzentrieren, ergibt sich so insbesondere die Möglichkeit, zusammen mit einer Filtration über Kerzenfilter eine bestmögliche Reproduzierbarkeit zu erzielen. Letztlich muss jeder Brauversuch für eine gewisse statistische Relevanz 3x durchgeführt werden, und wenn es dann zu hohe Abweichungen zwischen den Versuchen gibt, bspw. bei der Bittere, werden bei der Begutachtung eines Manuskripts eben Fragen aufgeworfen, die unter Umständen weitere Versuche erfordern.