Februar 2024

  • Im Rahmen eines vierwöchigen studentischen Praktikums haben wir am 19.02.2024 ein "Claus-Zellersch" gebraut, aus reinem Pale Ale Malz und mit unserem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren. Der ganze Brauprozess erfolgte in der Brewtools 150 Pro, und wir haben als Vorderwürzebier eine Stammwürze von 12,3 °P erreicht. Die Bittere haben wir mit einem nicht-isomerisierten Hopfenextrakt von Yakimachief auf ca. 25 IBU eingestellt, als Aromahopfen wurden im Whirlpool bei 85 °C Rottenburger und eine kleine Menge Lemondrop zugegeben. Bei dieser Temperatur werden die Enzyme des Hopfens sicher denaturiert, es gehen kaum Bitterstoffe in die Würze über, und die Aromastoffe der Hopfen werden gut in die Würze überführt.
    Vergoren wird die Würze bei rund 20 °C drucklos mit der Lallemand Brewing "Kölsch", eine typische obergärige Kölsch-Hefe. Um Kölsch-Bier ranken sich zahlreiche Geschichten, und häufig hört man, dass es sich um geschmacklich zwar sehr leichte Biere handelt, die aber trotzdem bei Stammwürzen um 11,5 °P Alkoholgehalte von 5 % vol und darüber erreichen. Wir erwarten für unser Bier dagegen nicht mehr als 3 % vol Alkohol.
    Kölsch-Biere sind nicht unbedingt für ihre stabile Schaumkrone bekannt, was auch mit der Hefe zusammenhängt, weshalb sie in Köln meistens eher schnell aus hohen 0,2 L Gläsern getrunken werden, manchmal auch als ganzer Meter, und manchmal vielleicht auch zu schnell. Die Kölsch-Konvention limitiert die Verwendung des Namens "Kölsch", und dieses Bier gehört zu den geschützten regionalen Spezialitäten. Mit einem Augenzwinkern könnte man sagen, dass ein Kölsch nur dann ein Kölsch ist, wenn man in Köln aus der Brauerei irgendwie den Kölner Dom sehen kann. Nun gut, der ist aus Clausthal-Zellerfeld mit dem allerbesten Willen nicht zu sehen, aber vom Dach unseres Gebäudes können wir immerhin sowohl den Kirchturm der Kirche in Clausthal sehen, wie auch den der Kirche in Zellerfeld. Da bietet es sich doch an, unser Bier "Claus-Zellersch" zu nennen.
    Um dem Forschungscharakter dieses studentischen Praktikums gerecht zu werden, haben wir der Würze zur Hauptgärung ein glutenabbauendes Enzym zugegeben. Bei Veranstaltungen an der TU Clausthal, die wir mit Bier beliefern, werden wir regelmäßig gefragt, ob wir auch glutenfreie Biere herstellen können. Wir verfolgen nicht nur den Gärverlauf, sondern messen während der Haupt- und Nachgärung und der folgenden Reifung des Bieres mit einem ELISA-reader in regelmäßigen Abständen daher auch den Glutengehalt als Funktion der Zeit. Es handelt sich hierbei um ein Nachweisverfahren mit Antikörpern, ELISA steht für "Enzyme-linked Immunosorbent Assay". Die realistische Nachweisgrenze mit diesem Verfahren für Gluten liegt bei 10 mg/kg, und die meisten Menschen, die an Zöliakie leiden, kommen mit diesen geringen Glutenwerten gut zurecht. Aktuell dürfen Lebensmittel, deren Glutengehalt < 20 mg/kg beträgt, als "glutenfrei" bezeichnet werden. Unser Ziel in diesem Praktikum ist, einen Glutengehalt unterhalb der Nachweisgrenze zu erreichen. In den enzymatischen Abbau von Gluten, welches vom Enzym überall dort gespalten wird, wo sich in Gluten die Aminosäure Prolin befindet, gehen viele Parameter ein, bspw. kann die sich absetzende Hefe das Enzym mit ausfällen, oder aber der unvermeidbare Trub adsorbiert das Enzym, mit der Folge eines reduzierten Glutenabbaus.
    Nach ca. 2 Wochen wird das Bier filtriert und je nach bis dahin erzieltem Glutengehalt im Lagerfass ggf. mit weiterem Enzym versetzt. Aus früheren Versuchen können wir erwarten, dass das Bier in ca. 4 Wochen ausgereift und glutenfrei ist. Die Zugabe eines glutenabbauenden Enzyms widerspricht zwar dem sog. "Reinheitsgebot", d.h. das fertige Bier darf (nur in Deutschland?) nicht als Bier bezeichnet werden, das Enzym ist aber im Rahmen des Lebensmittelrechtes, welches über dem Reinheitsgebot steht, zugelassen. Ggf. nennen wir dieses Bier im Hinblick auf das Reinheitsgebot und für Menschen, die an Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit leiden, eben "Forschungsbier" oder auch nur "alkoholisches Getränk". Denkbar wäre auch, dass wir eine Genehmigung beantragen, um solche Biere als "Besonderes Bier" anzubieten. Dies gilt auch für unsere Quinoa-basierten Biere, die wir aus Geschmacksgründen aktuell mit einem kleinen Teil Gerstenmalz brauen. Mit einem glutenabbauenden Enzym erreichen diese Biere in kurzer Zeit Glutenwerte unterhalb der Nachweisgrenze.

  • Aktuell wird im Rahmen eines vierwöchigen studentischen Forschungspraktikums untersucht, wie sich die Stammwürze eines mit dem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren gebrauten Bieres auf den Geschmack auswirkt. Für diese Versuche wurden insgesamt vier Biere hergestellt, bei denen die Stammwürze beginnend bei 12 °P sukzessive reduziert wurde, wodurch auch der Alkoholgehalt reduziert wird. Die Hopfengabe war bei allen Versuchen identisch, ferner werden alle Biere mit der identischen untergärigen Hefe vergoren.
    Um später den Geschmack unverfälscht einschätzen zu können, werden die ausgereiften Biere über einen Kerzenfilter filtriert. Die Porengröße dieses Filters haben wir so gewählt, dass Hefezellen und evtl. vorhandene Milchsäurebakterien zurückgehalten werden, nicht jedoch die Aromastoffe. Getestet haben wir den Filter mit dem am 17.11.2023 gebrauten Pils, welches mit der Whitelabs WLP-830 vergoren wurde. Die Zellen dieses untergärigen Hefestammes setzen sich leider weniger gut ab als die der Diamond von Lallemand Brewing, weshalb das Bier Anfang Februar durch Sedimentation noch immer nicht vollständig geklärt war. Das filtrierte Bier ist dagegen völlig klar, und wir haben keinen Aromaverlust festgestellt, im Gegenteil, das schwer beschreibbare und sicher individuelle Mundgefühl erscheint uns wegen der entfernten Hefezellen eher harmonischer.
    Mit 11 °P hat dieses Bier einen Alkoholgehalt von nur 2,4 % vol - unser bisher niedrigster Wert bei einem Pilsener Bier. Wir werden uns das Filtrieren von Bier in den kommenden Monaten genauer anschauen, zumal sich die kommerziell verfügbaren Filterkartuschen in der Porengröße unterscheiden. Dabei ist für unsere Brauerei das Optimum zwischen Klärung und Durchsatz zu finden.

    Am 09. Februar haben wir ein neues NEIPA gebraut, welches sich in der Rezeptur an das Bier vom 04./05.11.2023 anlehnte. Die Schüttung bestand jedoch zu 100% aus Pale Ale Malz, welches mit unserer neuen MattMill Professional geschrotet wurde, erfreulicherweise mit vernachlässigbarer Staubentwicklung, wodurch das Risiko, an Malzfieber zu erkranken, auch minimiert wird. Ferner handelt es sich um ein Vorderwürzebier, d.h. wir haben den Hauptguss so bemessen, dass wir keine Nachgüsse aufgeben mussten.
    Gemaischt wurde parallel in der BrewTools 150 Pro und in unserem BrewTower 140+ bei 76 °C während 30 Minuten. Eine längere Maischezeit wirkt sich nur noch in geringem Maße auf die in situ Stammwürze aus; eine eventuelle Nachverzuckerung findet während des Läuterns statt. Der Maischevorgang in beiden Anlagen war technisch unauffällig, jedoch haben wir nach dem Kochen nur in der BrewTools Anlage die erwartete Stammwürze von 11,5 °P erreicht, in dem BrewTower leider nur 9,5 °P.
    In letzterem kamen zwei Probleme zusammen: zum einen erzielt das Rührwerk mit seinen beiden eher kleinen Paddeln und der geringen Drehzahl des Getriebemotors keine ideale Durchmischung, die aber gerade für das isotherme Hochtemperaturmaischen erforderlich ist. So können Klumpen entstehen, die erst nach und nach zerfallen. Um dieses Problem für künftige Sude zu lösen, haben wir beim Hersteller 2 weitere Paddel angefragt, um so die Durchmischung zu verbessern.
    Zum anderen war die leider über die Steuerung nicht regelbare Heizleistung der Sudpfanne mit 10 kW für eine Würzemenge von rund 115 Liter überdimensioniert. Die Würze kochte wiederholt über und suchte sich so durch den Brüdenkondensator zum Teil ihren Weg in die Kanalisation, außerdem ist dabei auch noch vom Brüdenkondensator Wasser in die Sudpfanne geflossen, sodass die Würze verdünnt wurde. Erkennbar war der Frischwasserzutritt an der sinkenden Temperatur in der Sudpfanne. Um dieses Überkochen künftig zu vermeiden, wird der Anschluss so verändert, dass die zweite der beiden Heizpatronen zu je 5 kW beim Erreichen der Kochtemperatur über einen Schalter abgeschaltet werden kann. Das Problem des Überkochens sollte so gelöst werden können.
    Die Bittere wurde mit einem Hopfenextrakt von Yakimachief auf ca. 15 IBU eingestellt, die Whirlpool-Hopfung erfolgte mit einem speziellen Hopfenextrakt von Yakimachief in der Variante "Mosaic". Vergoren werden beide Würzen mit der Ebbegarden Kveik in der Gegenwart des Hopfenextraktes Spectrum von Barth-Haas in der Variante "Galaxy" in unserem "Tank Volker". Das Bier war am 13. Februar bereits endvergoren und hat bei einer Stammwürze von 10,4 °P einen Alkoholgehalt von erfreulich niedrigen 2,2 % vol. Die Hefe selber produziert Aromen tropischer Früchte, die durch die verwendeten Hopfenextrakte ergänzt werden.
    Zumindest einen Teil dieses Bieres werden wir in wenigen Wochen filtrieren, um auch zu untersuchen, wie sich das naturtrübe NEIPA von seinem filtrierten Pendant im Geschmack unterscheidet. Sollte sich diese milde Filtration bewähren, könnten wir durch die reduzierte Zeit der Biere in den Tanks den Durchsatz unserer Brauerei steigern, denn manchmal, gerade wenn an der TU Clausthal viele Veranstaltungen in kurzer Folge stattfanden, ist es schon einmal knapp im Lager geworden. So hatten wir nach mehreren Veranstaltungen im vergangenen Jahr nur noch 50 Liter Bier im Kühllager, und was gibt es schließlich Schlimmeres als eine Brauerei, in der es kein Bier gibt .....