Juni 2022

  • Aktuell findet das studentische Praktikum in der Forschungsbrauerei statt, welches im Masterstudiengang Chemie der TU Clausthal ein Teil des Wahl-Moduls "Einführung in die Chemie des Brauwesens" ist. Nach einer Einführung wurde am 11. und 18. Juni gebraut, der letzte Brau-Tag im diesjährigen Praktikum wird der 25. Juni sein.

    Am ersten Praktikumstag haben wir ein falsches Dunkel-Weizen, nur mit Gerstenmalz gebraut, angesetzt, auch wenn wir es am Ende anders nennen werden, denn ein Weizenbier muss per Gesetz einen Weizenmalzanteil von mindestens 50 % in der Schüttung enthalten. Eine harte wissenschaftliche Begründung dafür gibt es nicht, genauso wenig gibt es eine wissenschaftliche Begründung dafür, dass für untergärige Biere im Rahmen des sog. Reinheitsgebotes nur Gerstenmalz verwendet werden darf. Sogar mit einer Schüttung, die zu 100 % aus Weizenmalz zzgl. Reisspelzen als Läuterhilfe besteht, kann man ein Bier brauen, welches einem Pilsner Bier sehr nahe kommt, auch wenn ein solches Bier nur unter Auflagen als "Besonderes Bier" in den Verkehr gebracht werden dürfte.
    Somit wird der Geschmack eines Weizenbieres durch die Weizenbierhefe dominiert, und nur sehr gut geschulte Verkoster und Verkosterinnen können in einer Blindverkostung schmecken, wenn Weizenmalz fehlt. In der Schüttung orientierten wir uns an dem Dunkel-Weizen, welches im April gebraut wurde, wobei wir Weizenmalz durch Pale Ale Malz ersetzt haben und das Carawheat durch Melanoidinmalz.
    Ferner wurde isotherm bei 72 °C gemaischt, wodurch der Alkoholgehalt des fertigen Bieres merklich abgesenkt werden kann. Die Maischarbeit erfolgte in unserer Anlage mit Rührwerk, die bis zu 65 L Volumen fasst. Über einen Läuterschlauch wurde in ein beheiztes Gefäß geläutert, von dort wurde die Würze in den Braumeister 50 gepumpt, in welchem gekocht wurde. Das Verfahren entspricht dem in einem 2-Gerätesudhaus.
    Die milde Bitterhopfung erfolgte mit Herkules, für die Whirlpool-Hopfung wurde Hallertauer Blanc WetHop verwendet. Dessen Aromaprofil wird mit "fruchtig-blumig, Passionsfrucht, Stachelbeere, Grapefruit, Ananas" angegeben, vergoren wurde der Sud im zylinderkonischen Gärgefäß (ZKG) mit der Wyeast 3068 in der 2. Führung. Diese ist identisch zu der W68 aus Weihenstephan, eine in vielen Brauereien verwendete Weissbierhefe, die Bananen-Aroma im Weissbier hervorhebt. Da die Hefe nur schlecht sedimentiert, ist es bei hohen Mengen an Aromahopfen günstig, den pH-Wert der Würze mit Sauergut abzusenken. Damit fallen kratzige Bitterstoffe besser aus, das Bier ist schneller trinkbar und insgesamt harmonischer im Geschmack.

     

    Am 18. Juni sollte eigentlich der Weihnachts-Bock angesetzt werden, den wir 2021 leider erst am 30.10. brauen konnten. Diesmal sollte das Bier also sicher für die Weihnachtszeit fertig sein. Um den Einfluss der Hefe auf den Geschmack zu untersuchen, wurde das Rezept vom 30.10.2021 mit 50 L für zwei Gärgefäße mit verschiedenen Hefen verdoppelt, gebraut wurde in der Brew Tools 150 Pro.
    Maischen und Läutern waren so weit zunächst unauffällig, leider erreichten wir nicht ganz die erforderliche Stammwürze. Anstelle der erwarteten 16,5 °P erreichten wir nach Kochen nur 14,5 °P, anstelle eines Bockbieres haben wir also nur einen kleinen Bock gebraut. Da der Treber noch sehr süß schmeckte, lag das Problem im Nachguss. In Großbrauereien wird der Treber im Läuterbottich mit einem Aufhacker aufgelockert, und die Nachgüsse werden in mehreren Portionen aufgebracht. So wird ein beinahe vollständiges Auswaschen des Trebers erreicht. Für die Malzrohrtechnik gibt es bisher keine vergleichbaren Aufhacker, sodass hier zwingend Handarbeit erforderlich ist. Ist man dabei nicht sorgfältig genug, kann der Treber im Läuterbottich Kanäle bilden, und dann wird er nicht richtig ausgewaschen. Das ist hier wohl passiert. Wir entschieden uns, das Ergebnis so zu akzeptieren, auch, weil die Zeit ein wenig drängte.
    Der Sud wurde mit Herkules einer Bitterhopfung unterzogen, die Whirlpoolhopfung bei ca. 80 °C erfolgte mit Spalt Spalter, einem feinen eher klassischen Aromahopfen. Grundsätzlich hätten wir gut eine weitere Stunde kochen können, dann hätte sich durch Verdampfen von Wasser die Stammwürze auf rund 16 °P bei ca. 90 L Würze erhöht. Der abgekühlte Sud wurde auf zwei ZKG's aufgeteilt und in einem untergärig bei 12 - 13 °C mit der Lallemand "Diamond Lager" in der zweiten Führung vergoren, in dem anderen obergärig mit der "Mangrove Jack's M15", ebenfalls in der zweiten Führung. Die Diamond Lager vergärt Glucose, Fructose, Saccharose, Maltose und Maltotriose, die M15 letztere nicht. Das obergärige Bier sollte daher ein wenig mehr Süße zeigen und einen geringeren Alkoholgehalt erzielen. Wir rechnen mit Werten von maximal 3,5 Vol-% für das obergärige Bier und mit maximal 4,5 Vol-% für das untergärige.
    Da die Tanks und Gärgefäße mit den am 25. Juni zu brauenden Bieren in Kürze alle gefüllt sind und noch andere Brauvorhaben anstehen, kann der echte Weihnachtsbock frühestens Ende August gebraut werden.

     

    Am letzten Tag des Praktikums wurden am 25. Juni drei alkoholfreie (< 0,5 Vol-%) Biere gebraut. In Großbrauereien gibt es verschiedene Verfahren zur Herstellung alkoholfreier Biere. Vereinfacht formuliert wird mit reduzierter Stammwürze gebraut, und nach der Vergärung wird dem fertigen Bier der Alkohol in Entalkoholisierungsanlagen entzogen. Die heutigen Anlagen sind so gut, dass Biere mit 0,0 Vol-% Alkohol erreicht werden können, bei sehr gutem Geschmack - kein Vergleich zu den ersten alkoholfreien Bieren vor ca. 40 Jahren, an die sich der Autor dieser Zeilen noch gut erinnert.
    Ein solcher technischer und finanzieller Aufwand ist für die meisten kleineren Brauereien aber auch Universitäten nicht zu leisten, sodass seit vielen Jahren bereits an alternativen Wegen gearbeitet wird. Am Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität der TU München werden maltosenegative Hefen intensiv erforscht und im Rahmen von Hefejagd(en) auch aktiv gesucht. Für Details dazu sei auf die Habilitationsschrift von Dr. Mathias Hutzler verwiesen, der sich als "Der Hefejäger" einen hervorragenden Ruf erarbeitet hat. Solche Hefen verwerten nur Glucose, Fructose und Saccharose, nicht jedoch die während des Brauvorgangs gebildeten Maltose, Maltotriose und höhere.
    Beim Brauen mit solchen Hefen ist auf einige Punkte zu achten, besonders wichtig ist, dass alle Gefäße im Kaltbereich penibel gereinigt sind, denn nur wenige Zellen einer gewöhnlichen Hefe würden sich vermehren und dann auch die höheren Zucker vergären. Desweiteren sollte die Stammwürze nicht über 7 °P liegen, wenn nicht mehr als 0,5 Vol-% Alkohol erreicht werden sollen. Da nur wenige Zucker zu vergären sind, ist der sog. pH-Sturz während der Vergärung zu gering. Die Jungbiere sind daher nicht sauer genug, um mikrobiologisch stabil zu sein, ferner fallen die unangenehm bitteren Hopfenharze nicht aus, was ein solches Bier, insbesondere bei der Gabe von Aromahopfen, untrinkbar bitter machen kann. Sauermalz oder Sauergut sind daher zwingend erforderlich.

    Konkret haben wir in isothermer Führung bei 72 °C in der Brewtools 150 Pro mit Pale Ale Malz, Carahell und gut 25% Sauermalz in der Schüttung 150 Liter Würze hergestellt, die mit einer Stammwürze von 7,1 °P sozusagen eine Punktlandung hinlegte. Die Bitterhopfung erfolgte mit Herkules, die berechnete Bittere sollte um 20 IBU liegen. Der Sud wurde auf 3 Gärgefäße aufgeteilt und wird getrennt voneinander mit der Saccharomycodes Ludwigii (TUM SL17), der Cyberlindnera Saturnus (TUM 247) bzw. der Cyberlindnera Amylophila (TUM 242) vergoren. Wir haben bewusst auf Aromahopfen verzichtet, um später diese drei Biere vergleichend geschmacklich zu bewerten. Die SL17 produziert sehr gut trinkbare helle Biere mit leichten Honigaromen, die TUM 247 ein ausgeprägtes Birnenaroma, die TUM 242 kommt mit ihrem milden phenolischen Charakter klassischen Weißbierhefen durchaus nahe.

     

  • Am 4. Juni wurde bei uns semi-experimentell gebraut. Auf unserem durchaus steinigen Weg zu alkoholreduzierten IPA's haben wir wieder tief in die Trick-Kiste gegriffen und versucht, mit isothermem Maischen bei 72 °C und kurz thermisch behandeltem Hopfen ein IPA mit nicht mehr als 4 Vol-% Alkohol zu brauen. Dazu haben wir im "Braumeister 50" mit Pale Ale Malz eine Würze hergestellt, die eine Stammwürze von 12,9 °P erreichte. Die Bittere wurde beim Kochvorgang mit "Herkules" eingestellt, Ariana WetHop wurde bei 85 °C in den Whirlpool gegeben, und die Kalthopfung erfolgte mit Citra, Simcoe und Wai-iti, die zuvor nur wenige Minuten in Würze thermisch behandelt wurden. Da Hopfen über Glucoamylasen, alpha- und beta-Amylase verfügt, deren Menge jedoch von Hopfen zu Hopfen verschieden ist, würde mit unbehandeltem Hopfen der sog. "Hop Creep" einsetzen, d.h. die Enzyme aus dem Hopfen spalten höhere nicht vergärbare Zucker zu vergärbaren. Nicht nur dauert die Gärung dann mehrere Wochen, was für obergärige Biere ungewöhnlich ist, auch besteht die Gefahr, dass nicht ausreichend kühl gelagerte und nicht pasteurisierte Flaschen platzen. Für die Vergärung haben wir die Windsor Ale aus dem Tank eines reifenden Biers als Anstellhefe entnommen, und die Vergärung war am 6. Juni schon fast abgeschlossen. Diese Hefe vergärt die Maltotriose nicht, daher sollte das fertige Bier einen "lieblichen" Charakter haben bei nicht mehr als 3,5 Vol-% Alkohol.