März 2024

  • Wie früher schon einmal erwähnt, berichten wir an dieser Stelle nur oberflächlich über die Brauvorhaben, die im Rahmen von studentischen Abschlussarbeiten bearbeitet werden. Auch halten wir uns mit Informationen zu unserem öffentlich geförderten Projekt, in welchem wir basierend auf Quinoa schmackhafte Biere herstellen, ein wenig zurück. Sagen können wir aber, dass die Quinoa-Biere besser werden, wenn sie mit Quinoamalz anstelle mit unvermälzter Quinoa hergestellt werden.
    In studentischen Arbeiten probieren wir durchaus auch schon einmal neue Dinge aus, und da nicht immer alles auf Anhieb gelingt, muss der ein oder andere Sud leider schon mal in die Kanalisation wandern. Andererseits haben wir in den Bachelorarbeiten, die im Wintersemester 2023/2024 durchgeführt wurden, viel Neues ausprobiert und wertvolle Impulse für künftige Arbeiten erhalten. So sehen wir durchaus Potential, den Alkoholgehalt unserer Biere noch weiter zu reduzieren.
    Demnächst werden wir hier auch etwas genauer über eine neue Herausforderung berichten. Die Stadtwerke Clausthal haben im letzten Jahr neue Wasserwerke errichtet, und das Oberflächenwasser, welches früher mit 1 - 2 ° dH sehr weich und bestens für Pilsener Biere geeignet war, wird nun als Leitungswasser mit Calciumcarbonat auf 7 - 7,5 ° dH aufgekalkt. Der daraus folgende höhere pH-Wert erfordert nun zwingend die Zugabe von Sauergut, um im fertigen Bier einen mikrobiologisch sicheren pH-Wert von 4,5 oder darunter zu erreichen. Calcium-Ionen können sich grundsätzlich positiv auf den Brauprozess auswirken. So werden die Eiweißkoagulation gefördert und die alpha-Amylase geschützt, ferner fördern Calcium-Ionen die Ausflockung der Hefe. Dies wird in den kommenden Suden allerdings abzuklären sein, und ob aufgrund des veränderten Wassers die Biere sich in ihrem Charakter ein wenig verändern, wird sich zeigen. Immerhin wird es uns so nicht langweilig.

    Am 18.03.2024 haben wir aber wieder regulär gebraut, und zwar ein obergäriges Helles, das auf einem früheren Rezept basiert. Die Menge an Sauergut haben wir schon ein wenig nach oben angepasst. Diesmal haben wir unsere vorhandenen Anlagen neu kombiniert und in zwei Brauvorgängen rund 200 Liter Bier hergestellt. Bei einem der letzten Brauvorgänge hatten wir mit unserem BrewTower massive Probleme beim Kochen, weshalb wir den unteren Behälter nun nur noch zum Vorheizen des Hauptgusses verwenden. Konkret haben wir im oberen Behälter, d.h. in Maischepfanne und Läuterbottich, 130 L Wasser auf 80 °C aufgeheizt und anschließend 22 kg Malzschrot eingemaischt. Nach 30 Minuten Rast bei 76 °C wurde die Vorderwürze während 30 Minuten in unsere BrewTools 150 Pro überführt und dort gekocht und gehopft. Noch während der Aufheizphase in der BrewTools haben wir den BrewTower ausgetrebert und anschließend aus dem unteren Behälter das vorgeheizte Einmaischwasser nach oben gepumpt. Nach Erreichen von 80 °C wurde zum zweiten Mal eingemaischt, und wir haben beim zweiten Brauvorgang insgesamt fast 90 Minuten gemaischt, bis die BrewTools Anlage nach Whirlpool, Ausschlagen und Reinigung für die Aufnahme der Würze eben wieder frei war.
    Interessant war, dass sich eine Maischzeit von 90 Minuten gegenüber einer von nur 30 Minuten nur wenig auf den erzielbaren Extrakt auswirkt. In beiden Fällen wurden die Würzen 60 Minuten lang mit Hallertauer Magnum für die Einstellung der Bittere gekocht, nach 30 Minuten Kochen wurde Hallertauer Mittelfrüh zugegeben. Die Whirlpool-Hopfung erfolgte bei rund 85 °C mit Hüll Melon (Wethop). Wir haben früher bei einem untergärigen Bier mit derselben Schüttung aus Pale Ale Malz und Carahell diese Aromahopfen schon einmal kombiniert, und es resultierte ein feinherbes und dezent fruchtaromatisches Bier. Diesmal haben wir uns für die Obergärung entschieden und die neutral vergärende und sehr gut sedimentierende "Nottingham" von Lallemand Brewing verwendet. Der Hefe werden Pseudo-Lager Eigenschaften zugesprochen, wobei jedoch kein Pils erhalten wird. Bei einer Stammwürze von 11,3 °P rechnen wir mit ca. 2 % vol Alkohol. Obergärige Biere sind in der Regel schneller ausgereift als untergärige, daher sollte das Bier schon Ende April ausgereift, geklärt und damit gut trinkbar sein.
    Für beide Brauvorgänge haben wir zusammen 7 Stunden benötigt, ein durchaus guter Wert. Durch die neue Konfiguration war das Reinigen der Brauanlagen schnell erledigt. Eine weitere Stunde könnten wir einsparen, wenn wir nur in der BrewTools-Anlage maischen würden, allerdings hat sich die Malzrohrtechnik für das isotherme Hochtemperaturmaischen bisher als nicht ideal erwiesen. Wir erhalten im Vergleich zu Anlagen mit Rührwerk etwas höhere Alkoholgehalte, was in prinzipiellen Nachteilen der Malzrohrtechnik begründet liegt.

  • Anstatt wie üblich an dieser Stelle über Brauversuche zu berichten, haben wir uns entschieden, diesmal einige neue Erkenntnisse zu unseren Brauanlagen, Ergebnisse zu vorgeblich enzymschwachen Malzen und Überraschungen mit einem glutenabbauenden Enzym zu skizzieren.

    Wir konzentrieren uns in unserer Forschungsbrauerei auf das isotherme Hochtemperaturmaischverfahren, um den Alkoholgehalt von Bieren zu reduzieren. Im Laufe von mittlerweile bald 200 Versuchen haben wir festgestellt, dass Maischpfannen mit Rührwerk den Anlagen mit Malzrohrtechnik überlegen sind. Hintergrund ist, dass das homogene Einmaischen mit einem Rührwerk (bei uns) innerhalb einer Minute erledigt ist, während die Malzrohrtechnik das Einmaischen bspw. mit einem Honigquirl erfordert.
    Dazu kommt, dass im Braumeister von Speidel im Außenbereich des Malzrohres ein recht großes für das Einmaischen nicht genutztes Volumen an Wasser vorliegt. Je nach Temperatur des Einmaischwassers sinkt die Temperatur nach dem Einmaischen im Malzrohr unter 70 °C, und dann kann die beta-Amylase für eine gewisse Zeit Maltose produzieren. Der BrewMonk hat ein nur sehr kleines solches "Totvolumen", daher muss mit ihm nur schnell genug eingemaischt werden. Die BrewTools Anlage liegt mit ihrem prozentualen "Totvolumen" ungefähr zwischen dem BrewMonk und der Braumeister-Reihe, allerdings kann man während des Einmaischens bereits mit der Zirkulation beginnen, sodass die Zieltemperatur schnell erreicht wird. So haben wir beobachtet, dass bei gleicher Temperatur des Einmaischwassers die Alkoholgehalte vom BrewMonk über die BrewTools zum Braumeister tendenziell zunehmen. Eine exakte Vorhersage ist jedoch nicht möglich, weil die Malzschrotung je nach Schrotmühle leicht variieren kann und die Art des manuellen Einmaischens eben von Person zu Person verschieden ist. In unserer 70 Liter Maischepfanne mit Rührwerk haben wir dagegen eine sehr hohe Reproduzierbarkeit beobachtet, und grundsätzlich erhalten wir mit dieser Anlage die geringsten Alkoholgehalte. Ein aktuelles Dunkelbier hat mit 12 °P gerade einmal 2,2 % vol Alkohol, ein helles Bockbier mit 17 °P nur 4,2 % vol.
    Daher haben wir im letzten Jahr einen BrewTower 140+/180 angeschafft, in dessen oberen Behälter sich das Rührwerk befindet, im unteren wird die Würze gekocht. Das Maischen im oberen Behälter verläuft recht reproduzierbar, jedoch haben wir zwei weitere Maischpropeller bestellt, da uns die Umwälzung gerade beim Einmaischen nicht ausreichend erscheint. Nach unserer Erfahrung werden mit einem w/w Wasser/Malz-Verhältnis von 5/1 beste Ergebnisse erhalten, wobei wir mittlerweile mit dem BrewTower aber nur noch Vorderwürzebiere brauen. Der Verlust an Extrakt ist gering, aber wir sparen Zeit und Aufwand.
    Das Kochen der Würze im unteren Behälter hat sich jedoch als problematisch erwiesen. In der Sudpfanne sind 2 Heizelemente zu je 5 kW direkt übereinander angebracht, und da mit der Craft-Ing Steuerung die Heizleistung leider nicht eingestellt werden kann, ist ein Überkochen unvermeidbar, leider auch, wenn eine der beiden Heizpatronen durch einen Schalter vom Netz getrennt wird. Nicht nur verlieren wir so pro Überkochen mehrere Liter Würze, auch kann das Kühlwasser des Brüdenkondensators in die Sudpfanne gelangen und die Würze verdünnen. Es wäre sicher besser, ähnlich wie bei der BrewTools-Anlage, Heizwendeln anzubringen, die die Heizleistung besser verteilen. Aufgrund dieser Schwächen haben wir uns nun entschieden, den unteren Behälter des BrewTowers nur noch zum Vorheizen des Einmaischwassers für den zweiten Sud zu verwenden, gekocht wird die Würze künftig in unserer BrewTools 150 Pro. So sparen wir nebenbei auch noch einiges an Reinigungsarbeit.

    Wir erhalten zu unserem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren immer mal wieder, aber mit aktuell abnehmender Tendenz, einige Entgegenhaltungen, wobei die meisten folgendermaßen lauten:

    • „Das wird nie funktionieren, der kriegt garantiert einen Blausud!“
    • „Der macht ja die beta-Amylase kaputt!“
    • „Der Brauprozess ist ausgereizt, was wir heute machen, ist das Optimum!“
    • "Alkohol ist ein wichtiger Geschmacksträger!"

    Grundsätzlich freuen wir uns über jeden Kommentar, denn in der Wissenschaft muss man sich Entgegenhaltungen stellen, und Entgegenhaltungen sollten auch dazu motivieren, sich stets selber in Frage zu stellen und sich weiter zu entwickeln. Denn, "Nobody is perfect!"
    Wir haben nun einige Versuche mit einer Malzsorte (Sommergerste) durchgeführt, welche auf der Website von HETAIROS als mittelstark in der beta-Amylase und als eher schwach in der alpha-Amylase eingeordnet wird. Wir haben dieses Malz wie bisher geschrotet und bei 80 °C in einer Maischepfanne mit Rührwerk eingemaischt und in der Folge bei 76 °C während 60 Minuten isotherm gemaischt. Wir haben weder bei der in situ Verzuckerung, gemessen in °P, noch bei der erzielten Stammwürze einen Unterschied zu dem von uns bisher überwiegend verwendeten Pale Ale Malz von Weyermann gesehen. Auch wird ein vergleichbarer Alkoholgehalt im fertigen Bier erhalten.
    Nun stellt sich uns die Frage, wie die Malze eigentlich im Hinblick auf die Aktivität der alpha- und beta-Amylase eingeordnet werden. Solche Daten werden vermutlich aus dem Kongressmaischverfahren gewonnen, und der sog. Endvergärungsgrad scheint in diese Betrachtung einzufließen. Wir betrachten ein Malz beim isothermen Hochtemperaturmaischen allerdings aus einem etwas anderen Blickwinkel. Für uns ist wichtig, dass die Verzuckerung vollständig ist, d.h., am Ende des Maischens muss die Würze visuell jodnormal sein.
    Ein weiteres Kriterium für uns ist, dass wir am Ende des Maischens im Rahmen der Fehlertoleranz den gleichen Extraktaufbau erhalten wie im "Hoch-Kurz-Maischverfahren" sowie ähnliche Werte für den freien Aminostickstoff (FAN). Und last but not least ist für uns ein möglichst geringer Alkoholgehalt bei vollem Geschmack das Ziel. Aus unserer Sicht ist es nicht nur erforderlich, neben dem Kongressmaischverfahren ein schon länger bekanntes "Isothermes 65 °C Testmaischverfahren" zu berücksichtigen, sondern auch ein "Isothermes 75 °C Testmaischverfahren" zu entwickeln.

    Wir haben in unserer Forschungsbrauerei Aktivitäten zur Herstellung glutenfreier Biere, im Rahmen eines geförderten Projektes widmen wir uns mit Partnern Bieren auf der Basis von a priori glutenfreier Quinoa. Im Rahmen studentischer Abschlussarbeiten versuchen wir auch, mit kommerziell verfügbaren glutenabbauenden Enzymen den Glutengehalten von Bieren, die aus Gerstenmalz gebraut wurden, unter die Nachweisgrenze von 10 mg/kg zu bringen. Dies ist uns durchaus schon gelungen, aber wir wurden im Lauf der Versuche auch mit einem unerwarteten Problem mit diesen Enzymen konfrontiert.
    In zwei Bachelorarbeiten war das Ziel, mit dem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren alkoholfreie glutenfreie Biere herzustellen. Nur in zwei von sechs Versuchen blieben die Biere bei maximal 0,5 % vol Alkohol, in den anderen Fällen stieg der Alkoholgehalt nach ca. einer Woche wieder an, und in einem Fall erhielten wir mit 7 °P einen erstaunlichen Alkoholgehalt von 3,5 % vol. Da wir nicht mit diastatischen Hefen arbeiten, war unsere Interpretation, dass der Aromahopfen evtl. bei zu niedriger Temperatur zugegeben wurde und es zum sog. "Hop Creep" kam.
    Stutzig wurden wir allerdings, als bei einem Bier, welches mit dem isothermen Hochtemperaturmaischverfahren hergestellt und mit einer maltotriosepositiven Hefe in Gegenwart eines glutenabbauenden Enzyms vergoren wurde, die Gärung einfach nicht stoppen wollte. Jeden Tag stieg der Alkoholgehalt, und am Ende wurde sogar eine deutliche Übervergärung beobachtet, wie sie von diastatischen Hefen bekannt ist. Referenzversuche ohne das glutenabbauende Enzym verliefen dagegen normal, ohne Übervergärung.
    Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass zumindest die von uns verwendeten kommerziellen glutenabbauenden Enzympräparate von drei verschiedenen Herstellern Glucoamylasen und evtl. sogar alpha- und beta-Amylase enthalten. Auf der Verpackung ist dies nicht deklariert, auch finden sich keine Informationen dazu auf den Websites der Hersteller. Es mag sein, dass diese Amylasen im normalen Brauprozess gar nicht auffallen. Denn, beim mehrstufigen Infusionsmaischverfahren oder beim Hoch-Kurz-Maischverfahren entsteht nur eine geringe Menge unvergärbarer Zucker wie Maltotetraose und darüber, zudem werden diese Biere filtriert. Heutige Filteranlagen in größeren Brauereien sind derart effizient, dass Biere faktisch sterilfiltriert abgefüllt werden. In diesen Bieren befinden sich kaum noch spaltbare Zucker, und mangels Hefe werden die eventuellen Spaltprodukte auch nicht mehr vergoren. Für die Herstellung alkoholfreier oder alkoholreduzierter glutenfreier Biere, die auch aus Gerstenmalz hergestellt werden, müssen wir unseren Brauprozess künftig anpassen.