Mai 2022

  • Am 14. und 26. Mai haben wir wieder experimentell gebraut.

    In einer Versuchsreihe haben wir "unser" isothermes Maischverfahren, bei welchem Malzschrot einer Einzelrast bei 72 °C unterzogen wird, mit einem schnellen "Hoch-Kurz-Maischverfahren" verglichen. Großbrauereien maischen Malz bei ca. 65 °C ein und halten anschließend für eine gewisse Zeit eine Rast zwischen 62 und 65 °C ein. Danach erfolgt eine Rast bei 72 °C, bevor bei 78 °C abgemaischt wird. Nun hat uns interessiert, ob dies nicht vielleicht auch wesentlich schneller geht, ohne dass Abstriche an der Bierqualität zu befürchten sind. In jeweils 3 Versuchen haben wir im "Braumeister 10" je 2 kg Pale Ale Malz in je 12 Liter Wasser eingemaischt und danach einmal einer isothermen Rast bei 72 °C, einmal einem verkürzten mehr oder weniger klassischen Maischverfahren unterzogen. In beiden Maischverfahren dauern in dieser kleinen Anlage Maischen und Läutern weniger als 60 Minuten, und wir haben auch auf das sog. "Nachschwänzen" verzichtet, also nur die Vorderwürzen verwendet.
    Wir erhielten in beiden Versuchsreihen je rund 10 L Würze. Die Würzen aus beiden Versuchsreihen wurden getrennt gesammelt, gekocht und gehopft, die Biere wurden anschließend mit der maltotriosenegativen "Mangrove Jack's M15" vergoren. Bei beinahe identischen Stammwürzen in beiden Maischverfahren erreicht das mit dem isothermen Verfahren bei 72 °C gebraute Bier einen fast 1 Vol-% geringeren Alkoholgehalt. Die Analysen im Labor zu den verschiedenen Zuckern, der Viskosität und dem freien Aminostickstoff bestätigen frühere Ergebnisse. Mit der kleinen "Braumeister 10" Anlage kann der Maisch- und Läuterprozess in weniger als 60 Minuten beendet sein, und berücksichtigt man die Aufheizzeit bis zum Kochen und kocht die Würze eine Stunde, ist der gesamte Brauvorgang vom Einmaischen bis zum Ausschlagen nach 2 1/2 Stunden beendet. Inwieweit sich dieser Zeitvorteil auf die Anlagen in Großbrauereien übertragen lässt, kann aus diesen Labor-Versuchen noch nicht sicher beurteilt werden. In der Brauakademie Zellerfeld wird ein solches Verfahren nun aber genutzt, und auf der dortigen 2-Geräte Anlage mit einem Volumen von 300 L dauert der gesamte Brauvorgang nur noch 3 Stunden. Es wäre dort also kein Problem, an einem Tag 900 L Bier zu brauen - wenn nur das Putzen nicht wäre ....

    Im Herbst 2021 haben wir, bevor "Corona" unsere Aktivitäten erneut für gut 4 Monate jäh unterbrach, damit experimentiert, alkoholreduzierte IPA's herzustellen. Mit dem isothermen Maischverfahren können wir Würzen herstellen, die bei einer Stammwürze von 12 °P mit gewöhnlichen Hefen zu einem Alkoholgehalt von nur 3,5 Vol-% führen. IPA's zeichnen sich durch ein fruchtiges Aroma aus, welches dadurch erreicht wird, dass die gärenden Würzen einer Kalthopfung unterzogen werden. Während dieses Prozesses werden viele Aromen aus dem Hopfen extrahiert, und wenn die Hefe über beta-Glucosidase verfügt, werden glykosidische Bindungen zwischen Glucose und Aromakomponenten gespalten, wobei die dann freigesetzten Aromastoffe das fruchtige Aroma vertiefen. Leider enthalten gewöhnliche Hopfenpellets Glucoamylasen, alpha- und beta-Amylase, d.h., während der Gärung werden durch die Hopfenenzyme höhere Zucker (Dextrine) zu vergärbaren Zuckern gespalten und durch die Hefe vergoren.
    In der Konsequenz erhält man bei moderaten Stammwürzen um 14 °P schnell Alkoholgehalte von 7 Vol-%, und dieses Gärverhalten ist von diastatischen Hefen, die ebenfalls über stärkespaltende Enzyme verfügen, kaum zu unterscheiden. Mit WetHop, pasteurisierter Frischhopfen, haben wir ambivalente Erfahrungen machen müssen. Einige Sorten haben keinerlei enzymatische Aktivität mehr, andere spalten bei der Kalthopfung dagegen höhere Zucker zu vergärbaren. Zudem enthält WetHop bereits isomerisierte Alphasäuren, die während der Kalthopfung die Bittere vertiefen. Auf diese Art werden dann eben doch hohe Alkoholgehalte erreicht, und die vorisomerisierten Alphasäuren können zu einem sehr bitteren Bier führen. Das Aromaprofil von WetHop-IPA's ist jedoch durchaus überzeugend, sowohl in Geruch als auch Geschmack, der Brauvorgang muss jedoch angepasst werden. Je nach Dauer der Kalthopfung kann vermutlich auf eine Bitterhopfung während des Kochens verzichtet werden, und IPA's mit 3 - 4 Vol-% Alkohol dürften machbar sein. Aber, hierzu sind die bisherigen Rezepte anzupassen.

    Auf dem Weg zu alkoholreduzierten IPA's haben wir daher auch das neue Produkt von BarthHaas, "Spectrum", ausprobiert. Dabei handelt es sich um einen Aroma-Hopfenextrakt, der ausdrücklich für die Kalthopfung geeignet ist und dazu frei von enzymatischer Aktivität. Aus den bisherigen Versuchen im Mai 2022 ergibt sich noch keine eindeutige Bewertung, weshalb wir diesmal eine Versuchsreihe durchgeführt haben, in der wir die Hefen variiert haben. Dazu wurde im isothermen Maischverfahren bei 72 °C aus Pilsner Malz, Pale Ale Malz, Carapils und Sauergut eine Würze hergestellt, die mit dem Bitterhopfen "Herkules" auf ca. 15 IBU eingestellt wurde. Die erzielte Stammwürze lag bei rund 12 °P. Dieser Ansatz wurde auf 5 kleine Gärgefäße aufgeteilt und jeder davon mit 10 g "Spectrum" in der Variante "Citra" versetzt. Als Hefen kamen zum Einsatz: Lærdal Kveik, Imperial Yeast Kveiking, Opshaug Kveik, Voss Kveik und in einer Mischfermentation BRY-97/Nottingham Ale. Diese Hefen verfügen über unterschiedliche Mengen an beta-Glucosidase, sodass wir einen ersten Einblick erhalten werden, welche dieser Hefen das Fruchtaroma des Citra betont. Citra wird als der "Obstsalat" der Hopfen bezeichnet, und mit klassisch gebrauten IPA's haben wir auch eine gute Vergleichsmöglichkeit, welches Aromaprofil "Spectrum" Citra ermöglicht.

  • Anfang Mai haben wir - mehr oder weniger - experimentell gebraut und neue Ansätze ausprobiert.

    • Einfachbier:
      Einfachbiere haben eine Stammwürze von 1,5 bis 6,9 °P und werden kommerziell kaum angeboten. Sie schmecken ein wenig wässrig, und ihnen fehlt die biertypische Vollmundigkeit. Trotzdem sind sie interessant, weil sie bei einer Stammwürze von 2,5 °P, mit dem isothermen Maischverfahren gebraut, selbst mit Standardhefen einen Alkoholgehalt von nur 0,5 Vol-% erreichen und per Gesetz als "alkoholfrei" gelten.
      Hintergrund dafür ist, dass ein Mensch ohne Mangel an Alkoholdehydrogenase selbst bei ausgiebigem Konsum solcher Biere den aufgenommenen Alkohol direkt wieder abbaut, es also zu keiner Anreicherung kommt. Eigenversuche unter Zuhilfenahme eines Alcotesters haben diese Annahme bestätigt, Vorsicht ist jedoch bei Menschen angezeigt, die unter einer Alkohol-Allergie leiden.
      Diese Biere sind einfach zu brauen, sie benötigen weder eine Entalkoholisierung noch die Verwendung von Spezialhefen. Diesmal haben wir mit Münchner Malz, Pale Ale Malz, Carahell und Sauergut im Brew Monk 50 gebraut und eine Stammwürze von rund 3 °P erreicht. Den fehlenden Malzkörper (Vollmundigkeit) haben wir durch zwei verschiedene Aromahopfen (Waiiti, Mandarina Bavaria) im Whirlpool zu kompensieren versucht. Zudem kam in der Kalthopfung das neue Produkt "Spectrum" von Bart Haas zum Einsatz, in der Variante "Citra". Dabei handelt sich um einen Aroma-Hopfenextrakt, der zu einer klassischen Kalthopfung äquivalente Ergebnisse liefern soll, jedoch ohne den gefürchteten Hop Creep aufgrund von Stärke spaltenden Enzymen im Hopfen. Für die Vergärung haben wir die "Windsor Ale" von Lallemand verwendet, die Maltotriose und höhere Zucker nicht vergären kann, daher rechnen wir mit nicht mehr als 0,5 Vol-% Alkohol. Spannend bleibt, ob der pH-Wert nach der Hauptgärung niedrig genug ist, um die unerwünschten Hopfenharze auszufällen, die andernfalls eine unangenehme Bittere verursachen würden. Ggf. müssten wir mit biologischer Milchsäure nachbehandeln, bis der Geschmack eben harmonisch ist. So kann man auch im Bereich Bier forschen ....
       
    • "Empire Ale"
      Die Mangrove Jack's "Empire Ale" ist wie die "Windsor Ale" von Lallemand eine sog. maltotriosenegative Hefe, d.h. sie vergärt nur Fructose, Glucose, Saccharose und Maltose, nicht jedoch die höheren Zucker, die einem Bier die sog. Vollmundigkeit verleihen. Für Details zu den Hefen sei auf die Hersteller verwiesen. Nach unserer bisherigen Erfahrung werden mit diesen Hefen malzbetonte "liebliche" Biere erzielt, die gut angenommen werden. Mit Pale Ale Malz als Basis sowie Carahell und Carapils für die Abrundung von Farbe und Geschmack haben wir unter Verwendung von Sauergut einmal isotherm bei 72 °C gemaischt, einmal mit einem neuen Ultra-Hoch-Kurz-Maischverfahren. Zum Einsatz kam unser Braumeister 50 von Speidel, und wir haben bei beiden Suden, abgesehen vom unterschiedlichen Maischverfahren, alle Schritte gleich gehalten. Die Bittere wurde mit "Herkules" auf ca. 30 IBU eingestellt, die Whirlpool-Hopfung erfolgte bei 85 °C mit "Mandarina Bavaria". Für die Kalthopfung haben wir zu Beginn der Gärung das neue Produkt "Spectrum" von Bart Haas in der Variante Citra zugegeben. Die Gärung erfolgte mit der Mangrove Jack's M15 - Empire Ale und war nach einem Tag bei 22 °C bereits abgeschlossen. Aktuell befinden sich beide Biere je in einem ZKG in der Kaltreifung bei 2 °C.
       
    • Ebbegarden Kveik
      Wir haben mit den norwegischen Kveiks schon viele Biere hergestellt und haben diesmal einen Sud mit der "Ebbegarden Kveik" von Escarpment Labs gebraut. Der Hersteller schreibt dazu:
      "Ebbegarden Kveik Blend
      Works well with hops and accentuates their mango and guava aromas.
      Hailing from Stordal in Norway, Ebbegarden Kveik yeast is your IPA's secret ingredient to enhance tropical fruit aromas from your hops."

      An anderen Stellen wird implizit erwähnt, dass diese Hefe-Mischung über beta-Glucosidase verfügt, die den Hopfen-Charakter betont. Wir haben uns diesmal für ein NEIPA entschieden, das ist - vereinfacht ausgedrückt - ein IPA ohne die einem IPA eigene Bittere. Die Schüttung bestand aus Pale Ale Malz und Carapils, gebraut wurde parallel im isothermen Maischverfahren bei 72 °C im "Braumeister 50" und in der "Brewtools 150 Pro", insgesamt haben wir also 200 Liter hergestellt. Durch eine späte Hopfengabe mit "Herkules" wurde eine kaum wahrnehmbare Bittere von 10 IBU eingestellt, für die Kalthopfung kam das neue Produkt "Spectrum" von Bart Haas in der Variante Citra zum Einsatz. Der Citra Aromahopfen wird als "Obstsalat der Hopfen" bezeichnet, als Aromen werden Limette, Mango, tropische Früchte, Maracuja, Litschi, Grapefruit, Stachelbeere, Pfirsich und rote Beeren angegeben. Mit einer Stammwürze von rund 12 °P rechnen wir mit ca. 3,5 Vol-% Alkohol. Gegen Mitte/Ende Juni werden wir sehen, ob der Ansatz gelungen ist, bis dahin wird das Bier in "Tank Siegfried" langsam reifen.