November 2022

  • Am 19. und 20. November haben wir zum vorletzten Mal im Jahr 2022 gebraut, und alle unsere Zylinderkonischen Gärgefäße (ZKG) sind aktuell mit Bieren gefüllt, die bei 3 °C nun langsam darin reifen. Bei dieser niedrigen Temperatur klären sich die Biere durch natürliche Sedimentation, und erst wenn uns das jeweilige Bier am Zwickelhahn überzeugt, erfolgt eine Abfüllung in Druckfässer, in denen dann eine weitere ca. 4-wöchige Reifung bei 2 °C erfolgt. Da wir grundsätzlich nicht filtrieren (wollen), nehmen wir uns die Zeit für eine lange Reifung, die je nach Bier 6 - 12 Wochen betragen kann und dann auch klare Biere zur Folge hat.

    Zum Ausklang des Jahres haben wir diesmal ein "Amber-Dinkel" und ein "Amber Lager" gebraut, also zwei bernsteinfarbene Biere. Für das Amber Dinkel wurden Dinkelmalz (50 %) zusammen mit Münchner Malz und Melanoidinmalz bei 72 °C isotherm gemaischt. Dinkelmalz ist Weizenmalz sehr ähnlich, es hat wie dieses keine Spelzen, erschwerend kommt aber hinzu, dass Dinkelmalz im Vergleich zu heutigen Gersten- und Weizenmalzen über keine hohe alpha-Amylase Aktivität verfügt. So benötigte die Jodnormalität diesmal durchaus ihre Zeit, und eine Weile stand der gefürchtete Blausud im Raum. Am Ende erhielten wir dann doch eine jodnormale Würze mit 11,9 °P, die beim Kochen nur einer milden Bitterhopfung (Enigma) unterzogen wurde und im ZKG bei 25 °C mit der WYeast 3068 (analog Weihenstephan W68) vergoren wird.
    Für das Amber Lager, das wir zum letzten Mal am 21.12.2020 gebraut haben, haben wir eine Mischung aus Pale Ale Malz, Münchner Malz und Melanoidinmalz bei 72 °C isotherm gemaischt. Die Maische war nach 30 Minuten jodnormal, und das Läutern war nach weiteren 30 Minuten beendet. Gekocht wurde mit Enigma, die Whirlpool-Hopfung erfolgte mit Hallertauer Blanc (Wethop), und insgesamt haben wir gut 50 Liter mit 12,0 °P erhalten. Der Aromahopfen Blanc führt zu einer milden Aromatisierung mit Aromen von Passionsfrucht, Stachelbeere, Grapefruit und Ananas, die den malzigen Charakter des Bieres jedoch nicht überlagern, sondern eher dezent abrunden. Vergoren wird der Sud bei 13 °C mit der Mangrove Jack's "Bohemian Lager".

    Beide Biere werden voraussichtlich Mitte/Ende Januar ausgereift sein.

  • Wir haben diesmal rund 50 Liter Schwarzbier gebraut, und zwar mit einer Schüttung bestehend aus Münchner Malz, Caramünch sowie Melanoidinmalz. Die Farbe wurde mit Carafa und Röstmalzbier vertieft, und gemaischt wurde - selbstverständlich - mit dem isothermen Maischverfahren bei 72 °C, für welches unsere Anlage mit Rührwerk eingesetzt wurde.
    Nach 30 Minuten Maischen und rund 40 Minuten Läutern/Nachguss wurde eine jodnormale Würze erhalten. Die Bittere von ca. 30 IBU haben wir mit dem australischen Hopfen Enigma eingestellt, ergänzt durch eine Whirlpool-Hopfung mit Hallertauer Mittelfrüh. Wir haben insgesamt 50 Liter Würze mit einer Stammwürze von rund 12 °P erzielt, die im zylinderkonischen Gärgefäß einer drucklosen Hauptgärung bei 13 °C mit Lallemand Diamond Lager Anstellhefe unterzogen wird.
    Wir rechnen mit einem Alkoholgehalt um 3 Vol-%. Schwarzbiere benötigen eine gewisse Reifezeit, bis der Geschmack harmonisch ist, daher wird es voraussichtlich erst Mitte Januar 2023 gut trinkbar sein.
     

    Bei uns landen nun häufiger Anfragen, wann wir für unsere Bierfreunde glutenfreie Biere zur Verfügung stellen können. Im Rahmen unseres neuen Projektes zu glutenfreien Quinoa-"Bieren" (u.a. in Niedersachsen als "Besonderes Bier" herstell- und vermarktbar) arbeiten wir zusammen mit Partnern an einer umsetzbaren Lösung. Bei diesem Projekt steht im Vordergrund, dass die vom Partner ausgewählte und angebaute Quinoa-Sorte frei von Gluten ist und auch frei von Saponinen, dazu ist der Anbau auch in Niedersachsen unproblematisch.
    Grundsätzlich könnten wir aber auch ein normal gebrautes Bier mit einem Enzym entglutenisieren, allerdings hat uns eine unserer Testerinnen, die an Zöliakie leidet, berichtet, dass sie kommerzielle entglutenisierte Biere nicht immer verträgt. Es kann also durchaus vorkommen, dass der Glutengehalt in einem solchen Bier zwar unter der Nachweisgrenze liegt, trotzdem aber Unverträglichkeiten resultieren. Quinoa ist a priori frei von Gluten, sodass solche Probleme nicht auftreten können.
    Wir haben uns daher entschieden, auch mit Reissirup, in Bio-Qualität, zu experimentieren. Reissirup selber ist glutenfrei, bringt aber ein nur geringes Eigenaroma mit, weshalb wir zuerst einmal in die Richtung NEIPA brauen. Konkret haben wir Reissirup in Wasser aufgelöst und 60 Minuten lang mit Enigma gekocht, die Bittere soll bei maximal 20 IBU liegen, als Stammwürze haben wir 11,5 °P eingestellt. Für einen fruchtaromatischen Geschmack haben wir das noch neue Hopfenprodukt "Spectrum" der Firma BarthHaas für die Kalthopfung während der Gärung verwendet. Vergoren wird der Sud drucklos mit der Lallemand BRY-97 in der Gegenwart von beta-Glucosidase, welche das Fruchtaroma vertiefen soll.
    Hauptziel dieses Versuchs war, herauszufinden, ob mit einfachen Zutaten, auch wenn Reissirup und "Spectrum" bzgl. der Kosten sicher nicht als einfach zu bezeichnen sind, ein schmackhaftes NEIPA erzielt werden kann. Solche obergärigen Biere benötigen ca. 4 Wochen, bis sie gut trinkbar sind, weshalb wir voraussichtlich noch dieses Jahr das Ergebnis werden beurteilen können. Ferner werden wir den Glutengehalt bestimmen lassen, auch wenn alle Zutaten glutenfrei sein sollten.

  • Im Rahmen unserer Aktivitäten entwickeln wir das isotherme Maischen bei 72 - 76 °C Schritt für Schritt weiter. Unsere Hauptziele dabei sind, den Alkoholgehalt der Biere ohne Einfluss auf den Geschmack deutlich zu reduzieren, ferner möchten wir den ganzen Brauprozess verkürzen. Unser aktueller Stand ist, dass das isotherme Maischen zwischen 72 und 76 °C nicht länger als 30 Minuten benötigt, wobei wir auch schon erste Maischversuche mit nur 15 Minuten durchgeführt haben. Die Nachverzuckerung findet während des Läuterns statt, und bisher hatten wir noch keinen Blausud zu beklagen. So benötigt ein kompletter Sud vom Einmaischen bis zum Ausschlagen nur ca. 3 Stunden, wobei eine Verkürzung auf 2 Stunden als "Brewing Extreme" sogar denkbar ist - wir arbeiten daran.

    Großbrauereien arbeiten in der Regel mit einem "Hoch-Kurz-Maischverfahren", wobei Details aber nicht kommuniziert werden. Letztlich handelt es sich um ein verkürztes sog. Infusionsverfahren, bei welchem die Proteaserast bei 50 - 55 °C übersprungen wird. Mit den heutigen enzymstarken Gerstenmalzen ist dies deshalb möglich, weil der überwiegende Abbau der Eiweißstoffe bereits während des Mälzens in der Mälzerei erfolgte und so auch ohne Proteaserast genügend Aminosäuren in die Würze überführt werden können.
    Dieses Maischverfahren kann man grob so zusammenfassen: Malz wird bei 63 - 65 °C eingemaischt, gefolgt von einer Maltoserast bei 60 - 65 °C von bis zu 60 Minuten. In diesem Bereich ist überwiegend die beta-Amylase aktiv, die von den Stärkemolekülen Maltose abspaltet. Danach folgt eine weitere Verzuckerungsrast bei 72 °C. Bei dieser Temperatur ist die alpha-Amylase aktiv, die noch nicht gepaltene Stärke abbaut. Dieses Enzym bewirkt im Vergleich zur beta-Amylase eine Anreicherung mit höheren nicht vergärbaren Zuckern, diese Rast dauert bis zu 60 Minuten, danach wird bei 78 °C abgemaischt. Brauereien wählen 78 °C als Abmaischtemperatur, weil die Viskosität der Würze etwas absinkt, ferner sollen bei dieser Temperatur alle Enzyme denaturiert werden. Zumindest die alpha-Amylase hat bei 78 °C noch eine nennenswerte enzymatische Aktivität, die zum Abbau von noch nicht verzuckerter Stärke führen kann. Wir läutern bei 72 - 76 °C ab.
     

    In diesem Zusammenhang und zur Abrundung früherer Ergebnisse haben wir in den "Braumeister 10" Anlagen insgesamt 3 Versuche durchgeführt. Jeweils 2 kg Pale Ale Malz wurden bei 65 °C in 12 Liter Wasser eingemaischt. Die Temperatur sinkt schnell auf 62 °C ab und wird 30 Minuten konstant gehalten. Danach wird auf 72 °C aufgeheizt, was ca. 10 Minuten dauert, die Maische wird danach 30 Minuten bei 72 °C gehalten, gefolgt vom Abmaischen. Die Versuche wurden so konzipiert, dass wir nur die Vorderwürze auffangen, d.h. ein Nachwaschen mit Wasser erfolgt nicht, weil dies die Ergebnisse verfälschen könnte.
    An bestimmten Zeitpunkten wurden Proben entnommen, die im Labor bzgl. der Zuckerverteilung, des freien Aminostickstoffs und der Viskosität untersucht werden. Die insgesamt 30 Liter Würze wurden gemeinsam gekocht und nur einer Bitterhopfung unterzogen. Die Vergärung erfolgt mit der Maltotriose-negativen Hefe "Empire Ale" von Mangrove Jack's. Frühere Versuche mit Vorderwürze-Bieren und dieser Hefe haben gezeigt, dass sogar Schankbiere mit nur 8,5 °P sehr gut trinkbar sind.
     

    Im Rahmen unseres neuen vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung geförderten Projektes haben wir mit unvermälzter Quinoa gebraut. Auf Details können wir zwar nicht eingehen, aber wir haben den ersten Versuch unternommen, ein "Quinoa-Pils" zu brauen. Wie nahe wir einem echten Pils kommen, werden wir noch vor Weihnachten wissen.
    In Niedersachsen und in den meisten anderen Bundesländern ist es übrigens möglich, solche vergorene Getränke als "Besonderes Bier" zu vermarkten. Unser Quinoa-IPA, welches wir im Juli 2021 im Rahmen von Vorversuchen brauten, wurde in keiner Verkostung als Quinoa-basiert erkannt. Ein Verkoster hätte sprichwörtlich Haus und Hof verwettet, dass es sich um ein "echtes IPA" handelt. Mehr aber freut uns noch, dass dieses Quinoa-IPA von 2 Personen, die an Zöliakie leiden, ohne jegliche Komplikation vertragen wurde. Quinoa ist frei von Gluten, sodass dieses in dem besonderen Bier, im Gegensatz zu kommerziellen ent-glutenisierten Bieren, gar nicht erst entfernt werden muss.